Atlantic Restaurant

 

 

Blick auf die Außenalster und hervorragende Küche, was braucht der Mensch mehr?
Das Atlantic-Restaurant ist wirklich schön gelegen, man sitzt gepflegt und gemütlich in freundlicher Atmosphäre. Küchenchef Sven Büttner (vormals im 'Elba') liefert einwandfreie Qualität ab. Wie ich schon im Elba feststellte, liegt ihm die Zubereitung von Fleischgerichten mehr als Fisch. 
Das 'Doradenfilet mit geröstetem Jacobsmuschelbrot auf Escabechegemüse und Bouillabaiseschaum' war zwar auf den Punkt gegart und lecker, aber unspektakulär. Da spielte die 'Tranche vom Kalbsrücken auf Basilikumrisotto mit geschmolzenen Kirschtomaten' mit den fein herausgearbeiteten Aromen doch in einer anderen Liga. Festes, nicht zu weiches Fleisch - bestens.
Unangenehme Erinnerungen an mein Versagen im Chemieunterricht wurden wach, als der Zwischengang serviert wurde: 'Weißes Spargelsüppchen mit Scampi aus dem Reagenzglas'. Aber der Eindruck täuschte, es wurde keine Chemiepampe, sondern eine äußerst frische und gelungene Suppe in dicken Reagenzgläsern (auf Holzständern serviert - mal was anderes und sehr, sehr heiß!) 
Der Nachtisch war eine echte Krönung, es wurde Charlotte von Rhabarber im Baumkuchenmantel serviert, Hut ab! So einen zarten Baumkuchenmantel habe ich noch nirgendwo bekommen. Dazu gab es einen geeisten Erdbeer-Iceshake mit Waldmeisterschaum. Das hört sich nicht so sehr umwerfend an, war es aber. Gern hätte ich davon noch 3-4 Liter mehr bestellt, aber ich wollte nicht dumm auffallen und fühlte mich zudem gesättigt.

Am aufmerksamen Service gibt es nichts zu bemängeln, die Bedienung ist nett, zugewandt und freundlich. Leider wirkten die Mitarbeiter leicht gehetzt. Das waren sie sicher, aber in Häusern dieser Kategorie hätte ich einen Hauch mehr professionelle Abgeklärtheit erwartet: Schließlich sitze ich in einem teuren, personalintensiven Restaurant und nicht an der Bahnhofsbiertheke. Ärgerlich und der hochklassigen Küche gegenüber beleidigend ist, dass geraucht werden darf. Insgesamt lohnt aber ein Besuch!

Update Juli 2006:
Das positive Bild kann nach einem neuen, selbstlosen Test bestätigt werden. Der auf den Punkt bereitete Tafelspitz auf Essiggemüse mit Rosmarinkartoffeln, das Filet vom St. Pierre mit Kakaobohnenkruste auf Frühlingslauchgemüse, die Crème brûlée vom Waldmeister mit Erdbeersalat und Himbeer-Buttermilchreis wie auch die überraschende Weinempfehlung (2005er Rosewein aus Bordeaux) waren in Tateinheit mit dem netten, inzwischen entspannteren Service schlicht und einfach eines: Überzeugend!

Update Juli 2007:

Sven Büttner hat noch eine Schüppe draufgelegt und ich kann von der besten Dorade meines Lebens berichten: Auf den Punkt gegrillt und mutig gewürzt. Ebenfalls keine Wünsche offen ließ das Kalbsrückenfilet auf durchaus pikanter Kokos-Chilipolenta. Der Nachtisch schwächelte ein wenig, denn das geeiste Topfensoufflé erwies sich als doch sehr hart. Ein von mir als 'knallkalt' bestelltes Bier wurde tatsächlich im gewünschten Zustand serviert - ich war hochzufrieden!

Update vom Juli 2008:                  Das Atlantic ist so nett gelegen, der Blick auf die Alster so schön, da wollte ich doch noch einmal die Kochkunst überprüfen und tat das zum Nachwerfpreis von gut 29,- Euro mit diesem Menü: 

*  Schaum von rotem und gelbem Paprika   

*  Variation vom Thunfisch mit Carpaccio, Sashimi im Zitronenpfeffermantel und gebackenem Croustillon auf Koriandercreme

* Filet vom St.Pierre mit Kakaobohnenkruste auf Mango-Zuckerschotengemüse und Bouillabaiseschaum

* Rosa gebratener Deichlammrücken auf Gazpachogemüse mit Chorizo-Rucolarisotto und Pestojus

* Süppchen von weißem Pfirsich und Rosmarin mit geeister Sauerrahm Creme brulee und Himbeerkompott

Um es kurz zu machen: das war das beste Menü, das ich in diesem Jahr bislang bekommen habe – feinste Zutaten auf den Punkt zubereitet. Als Schulnote gebe ich eine 2+ mit starker Tendenz zur 1, weil sich der Nachtisch eher als sehr erfrischend denn als wirklich grandios erwies, denn die geeiste Sauerrahm Creme brulee erinnerte nur an geschmacksfreien Gefrierbrand. Der Lammrücken aber war so zart, dass er manchem Filet den Rang ablaufen könnte und der Fisch eine Offenbarung. Wenn Herr Büttner derart hochklassig weiter kocht, wird er im nächsten Gault Millau locker einen oder zwei Punkte mehr bekommen – verdient! Ein Lob geht ebenfalls an die aufmerksame, gut gelaunte und unaufgeregt präzise arbeitende Servicemannschaft.

Im Mai 2009, nach dem Abgang Büttners, schien mir die Qualität etwas nachzulassen, gerade bei fast ausgelastetem Haus konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, einer Art Massenabfertigung beizuwohnen. Aufbackbrötchen?

 

Trotz der Renovierungsarbeiten im Hotelbereich und trotz eines fehlenden Spitzenkochs als Aushängeschild lohnt der Besuch des Restaurants seit Mitte 2010 wieder, zum Beispiel wegen dieses wirklich wunderbaren Carpaccio vom Oktopus mit gebackenem Croustillion auf Hummermayonnaise und Rucolasalat:

 

Oder wegen dieses saftig gebratenen Rotbarbenfilets auf Raz el Hanout Cous Cous und Limonensauce. Ich mag sonst kein Cous Cous, aber dieses war großartig, leicht körnig und phänomenal gewürzt:

 

Herrlich zart, auf den Punkt gegart und in einer Qualität, die Normalbürger im Supermarkt niemals erwerben könnten: Geschmortes Kalbsbäckchen mit Schalottenmarmelade und Süßkartoffelpüree.

Der Nachtisch erwies sich nicht nur als Augenweide, sondern als zwar lecker, aber  konzeptionslos. Die Passionsfrucht-Kokosschnitte war viel zu üppig bemessen, ein Drittel davon hätte vollauf genügt. Das Zitronengras-Eis ging zwar sehr feinaromatisch in die Nase, passte aber nicht recht zum Kuchenstück. Luftig und filigran-schokoladig der Schokoladen-Chilischaum im Glas, aber im Abgang eine enorm scharfe Chiliorgie, die man Kindern und Leuten, die sonst nicht scharf essen, nicht ohne Vorwarnung servieren sollte. Mir hat's allerdings gemundet!

59,- Euro für 2 Personen scheinen mir angesichts der gezeigten Leistung günstig, zumal es seit Jahren beim zuvorkommenden und freundlichen Service keinen Wechsel gab und die Kellner offensichtlich wissen, was sie tun.

 

 

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Auch 2014 bietet das Atlantic-Restaurant ein Schlemmersommer-Menü an, zum Preise von 59,- Euro für zwei Personen.
Der Gruß aus der Küche: Eine bemerkenswert hübsch dekorierte Schwertmuschel, deren Stärke ist allerdings allein auf die Optik beschränkte.



Knackefrisch und gleichzeitig auch sehr erfrischend kam dann ein Tellerchen mit Burrata auf den Tisch, das Ganze 'an pikantem Tomaten Chutney mit Spinatsalat und altem Balsamico'. Burrata ist eine italienische, mit Sahne gefüllte Mozarella-Spezialität. Sehr fein, aber sicher nichts für Magerkost-Fetischisten.



Es folgte 'Entrecôte vom Holsteiner Rind mit jungen Möhren, gebratenem Mangold und gefüllten La Ratte Kartoffeln'. Das Fleisch überzeugte durch feines Aroma, hinsichtlich Struktur und Zubereitungsart hätte es auch ein Filet sein können. Von der entrecôte-typischen Rustikalität war kaum etwas zu bemerken. Insgesamt ein schöner Gang, wenngleich Mangold in der gehobenen Küche nichts zu suchen hat - er ist quasi geschmacksfrei. Auch, wenn man ihn mit Zwiebeln mischt und anbrät. Leider fand sich von den angekündigten 'Kartoffeln' nur eine einzige, winzige halbiert neben dem Steak. Warum nicht gleich nur zwei einzelne, schmale Pommes-Frites-Schnitze mit irgendeiner Angeber-Bezeichnung?

 

Zum Abschluss wurde ein 'Mandeltörtchen mit Crème von der Stachelbeere an Sauerrahmeis' serviert, sehr überzeugend und vor allem: Nicht zu zuckrig. Besonders gefallen hat uns das gummibärchenartige Gelee!

Fazit: Solide, aber nicht herausragende Küche. Das Fehlen Sven Büttners ist schon schmerzlich.

Nach dem Mahl haben wir uns noch auf einen Absacker in die Bar begeben. Man sitzt hier ausgesprochen wohltemperiert und nett, an der Wand hängen Lindenberg-Werke und die Stimmung ist entspannt. Allerdings ist die Bar-Qualität selbst unterirdisch. Wir bestellten Absinth - der war nicht vorrätig. Dafür sollte es ein Daiquiri (Rum/Limettensaft/Zucker) sein. Für rund 15 Euro gab es ein geizig gefülltes Martiniglas, das sehr wenig Rum, aber enorm viel Zuckersirup enthielt und daher wie ein Likör schmeckte. Bäh!
 

 

Atlantic-Restaurant

An der Alster 72 - 79  Telefon 040 / 24 71 29     Internet

 

 

 
 
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