VAU  (geschlossen seit Oktober 2016)

Immerhin adelt der Gault Millau 2010 das Berliner VAU mit 17 von 20 möglichen Punkten, da schien es uns angemessen, in dem sehr nett am Gendarmenmarkt gelegenen Restaurant auch für den Mittagstisch zu reservieren. Die Vorsichtsmaßnahme erwies sich als unnötig, denn mitten in der Ferienzeit war kaum ein Drittel der Plätze besetzt - und im Innenhof wegen dunkel dräuender Regenwolken nicht eingedeckt.

 

Flinke Kellner nahmen unsere Bestellungen freundlich entgegen, wenngleich die Kommentierung der meisten Speisewünsche mit "Super-Auswahl!" zunächst Zweifel an solchen Gängen aufkommen ließ, die nicht ebenfalls sofort diesen Jubelausdruck auslösten.

 

Die Speisekarte selbst hatte ich zunächst mit gemischten Gefühlen studiert, kaum kräftige Fleischgerichte, dafür viel Geschmacksarmut verheißendes Vegetarisches. Als Gruß aus der Küche überzeugte dann aber sofort ein heißer, leicht panierter Nugget vom Hasen. Ebenfalls nicht zu verachten die Vorspeise, bestehend aus zweierlei Gazpacho mit gefülltem Calamaretti und Wassermelone - wenngleich eine Ajo blanco (kalte, weisse Suppe aus süßen Mandeln und Knoblauch) kaum unter den Begriff 'Gazpacho' passt. Dafür musste sich die kühle Köstlichkeit geschmacklich nicht hinter einer Ajo blanco verstecken, wie sie in Andalusien serviert wird.

Zur Crème brûlée von der Entenstopfleber mit Pfefferkirschen und Brioche lässt sich nur ein einziges Wort sagen: Grandios!

Besser abgestimmt und runder auf der Zunge geht es kaum. Die Vorspeisen schlugen mit jeweils 15,- Euro zu Buche.

links der Küchengruß

Entenleber

 

Der vegetarische Hauptgang 'Kartoffelgnocchis mit Ofenpaprika, Pak Choi und Schluppen' sah ein bisschen langweilig aus, überzeugte dann aber durch seine würzigen Saucen. Optisch und geschmacklich ergiebiger fand ich die Perlhuhnbrust mit Herbsttrompeten. Diese Hauptspeisen lagen bei 18,- Euro, eine Flasche Grauburgunder dazu kostete 30,- Euro - , für ein Sternerestaurant nicht überzogen. Dafür wurde bei den offenen Weinen ordentlich zugelangt.

  links vegetarisch

Perlhuhn

Tarte Tatin mit eingelegten Rum-Rosinen und Balsamicoeis als Nachtisch war ganz gut, ohne aber wirklich herausragend zu sein oder gar nach Wiederholung zu schreien (15,- EUR).

Die volle Punktzahl gibt es allerdings für das Soufflé von Limone und Thymian mit Sauerrahm und eingelegten Kirschen, die in der Speisekarte genannten 40 Minuten Wartezeit sind die Sache wert. Einem Mitesser fiel dazu nur das Wort 'granatengut' ein. Und auch ich muss zugestehen, dass mir bislang noch niemand ein so leichtes und fein-aromatisch gelungenes Soufflé serviert hat. Nein, auch nicht Harald Wohlfahrts Schwarzwaldstube, und das Orangensoufflé dort ist durchaus hochklassig.

  Das Soufflé

Insgesamt lohnt sich ein Besuch des VAU für dekadente Gourmets und solche, die es gern werden wollen, allemal. Man sitzt entspannt bei zurückhaltender Musik und inmitten moderner, oder zumindest großer und wildbunter, Gemälde. Küchenchef Kleeberg kam nach dem Essen noch gut gelaunt auf einen Sprung ins Haus und war sich nicht zu schade, eines seiner Kochbücher zu signieren.

    

Kurzum: Michelin-Stern und die 17 Punkte vom Gault Millau sind angemessen!

 

 

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Hätte man das VAU vor gut 10 Jahren besucht, wäre die gebotene Kochkunst vielleicht als avantgardistisch gepriesen worden - heute wirkt sie eher klassisch.
Im Juli 2014 saßen wir mittags im lauschigen Innenhof, bedient vom gut gelaunten Personal. Erstaunlicherweise waren nur vier der Tische besetzt.

Hinsichtlich der Weinpreise gibt es nichts zu mosern, es gab im offenen Ausschank feine, wohl ausgesuchte Tropfen für rund 9,- Euro pro 0,2 Liter - großzügig geschenkt. Insbesondere der Sauvignon blanc und der Rose überzeugten.

Etwas bieder, dafür hauchdünn und sehr zart, kam ein Gruß aus der Küche auf den Tisch: Tafelspitz mit halbiertem Pimiento de Padrón.



Als Vorspeise wählten wir Filet vom Spanferkel auf Wirsing. Hier hätte eine Spur mehr Raffinesse nicht geschadet, denn natürlich schmeckt so ein Jungtier nicht nach viel, wenn es weder deutlich gewürzt wurde noch frisch vom Grill kommt. Gut gemacht, aber doch eher für Freunde nur angedeuteter Aromen.



Auf der Internetkarte war 'Secreto vom Iberico Schwein mit breiten Bohnen und Endivienbrandade' annonciert, leider gab es tatsächlich statt des Secreto ein Zweierlei vom Stubenküken mit nämlichen Bohnen. Das erwies sich allerdings als vollwertiger Ersatz, besonders das Falafel-ähnliche Bällchen war extrem lecker.



Deutlich besser gefiel der Gebratene Wildlachs mit Couscous, Ofenpaprika und Safran. Ein wunderbar mageres Stück Fisch, auf den Punkt gegart lag auf einem wirklich traumhaften Couscous. Letzteres überzeugte durch filigrane Konsistenz und die fein-zurückhaltende Aromatisierung.


Höhepunkt war - wie bereits im Jahre 2010 - ein Soufflé plus Eis von Sauerrahm mit Blaubeeren und Madagaskar-Vanille - besser kann man ein Soufflé kaum herstellen. Dazu als genialer Gegensatz das samtige Eis von Sauerrahm mit riesigen, offensichtlich handverlesenen Blaubeeren - einfach herrlich! Gibt es aber erst ab 2 Personen und braucht 40 Minuten Vorbereitungszeit.



Wer die eher leichte, zurückhaltende Küche schätzt, die zwar auf hohe Produktqualität setzt, jedoch nicht mit Aromen protzt oder gar experimentiert, macht hier nichts verkehrt. Mittags kosteten Vorspeisen und Desserts je 15,- Euro, die Haupt- und Zwischengerichte je 18 Euro - wie schon vor vier Jahren.

 

VAU

Jägerstraße 54/55
10117 Berlin
 - geschlossen -

8/2010

 
 
genussgenie.de