Daniel Wischer
(geschlossen seit 2016)
Was macht man, wenn nach ausgedehntem
Einkaufsbummel durch die Hamburger Innenstadt der große Hunger kommt und
man sich gerade in der Spitalerstraße befindet? Man kehrt in die
Fischbratküche von Daniel Wischer ein. So war das schon als ich noch
kaum über die Tischkante gucken konnte und so hätte es auch noch sein
können, wenn ich nur noch in Begleitung eines Pflegers an den Tisch
gelange. Aber offensichtlich ist die Daniel Wischer-Firmenleitung da
ganz anderer Ansicht.
Wir kehrten an einem Dezemberfreitag gegen 18 Uhr
in das noch gut besetzte Lokal ein, wenn auch die Empore, die man sich
seit dem großen Umbau gegönnt hat, fast leer war.
Man muss den ziemlich gut besuchten Outdoorverkauf aber mit einbeziehen,
draußen stehen meist recht viele Personen und mampfen den Inhalt ihrer
Fish- und Chipstüten.
Wir wollten sitzen und fanden auf Höhe des Aquariums nahe des Eingangs
einen Tisch.
Die Einrichtung ist seit dem vor etlichen Jahren erfolgten Komplettumbau
gediegen und praktisch, viel Holz und Atmosphäre wie in einem großen,
engen Fischbistro. Das Mobiliar erweckt Erwartungen.
Vor dem großen Umbau befand man sich in einer gemütlichen Großkantine
mit dem Charme der 60er Jahre, immerhin gibt es den Betrieb schon seit
1924 und der Begriff "Bodenständigkeit" wurde hier gelebt.
Man fragte sich (so völlig untypisch für uns Norddeutsche) von Tisch zu
Tisch durch, ob noch zwei Plätze frei sind und setzte sich in
Tuchfühlung dazu, denn was in manchen Lokalen an Tischfläche allenfalls
2 Personen zugedacht war, wurde hier mit 4 Personen besetzt. Es gab
preiswerten, superfrischen Seefisch und dazu Kartoffelsalat mit und ohne
Majo und wer wollte, bekam statt dessen Pommes.
Mein Standardgericht als Kind, als Pubertierende, als Jungmädel, als
Verheiratete war stets Fischfrikadellen mit Kartoffelsalat ohne Majo,
dazu Fassbrause. Und der Standardspruch meiner oft genug die Rechnung
begleichenden Mutter war: "Kind, du darfst aber auch gern was Teureres
essen, nimm doch wie ich den Goldbarsch."
Der kam jedoch damals nicht an die unübertroffenen Fischfrikadellen
heran. Das war Fischgeschmack pur und nur außen umgab eine dünne krosse
Panade den Fischklops. Diese Ära endete mit dem großen Umbau.
Den bislang im Inneren weißlichen Fischfrikis wurde
eine gehörige Portion Lachs mitgegeben und damit der Geschmack total
verändert. Ich wage auch zu behaupten, dass man als Bindemittel gern und
großzügig etwas Pflanzliches verwendet. So blieb in den letzten Jahren
nur der Goldbarsch, der wenigstens schmeckte noch.
Die Kindheitstradition aufleben lassend, bestellten
wir nun je 0,5 l Fassbrause für 4,20 Euro das Glas, die auch prompt
geliefert kam. Sie schmeckte wie immer, süß und schlapp, wie Fassbrause
nun mal schmeckt. An ihr war nix auszusetzen.
Kabeljau war aus, auch Krabbenrührei, kein Problem, so bestellten wir
als Hauptgericht die Backfischplatte für 14,90 Euro und den Goldbarsch
für 12,90 Euro je mit Kartoffelsalat.
Was uns dann überraschend rasch auf den Tisch
gestellt wurde, war derartig ernüchternd, dass wir beschlossen, die
schönen Kindheitserinnerungen zu bewahren und sie nie wieder durch
weitere negative Erfahrungen zersägen zu lassen.
Die Backfischplatte bestand aus je einem Stück Lachs-, Seelachs- und
Goldbarschfilet mit dem dazu gehörigen Kartoffelsalat, auf den ich
gleich noch eingehe. Seitlich ein großes Stück frische Zitrone und ein
geschmortes Cocktailtomätchen.
Alle drei durchaus nicht kleinen Fischstücke befanden sich in einer
billigen Panadenpampe und waren frittiert. Der Eigengeschmack der Fische
ließ sich, bis auf den Lachs, was aber kein Kunststück ist, nicht mehr
erschmecken. Gute Hausmannskost schmeckt anders. Die dicke Panade, die
offensichtlich den Fisch um mindestens 1/4 vergrößerte, schmeckte nicht.
Der totgebratene Seelachs wurde im Mund immer mehr, aber wenigstens der
Lachs war top gegart und der Goldbarsch war ebenfalls in Ordnung.
Das konnte man leider von den beiden ordentlich großen Goldbarschstücken
auf dem anderen Teller nicht behaupten. Abgesehen von derselben
Panadenattacke auf den Gaumen, die dazu führte, dass der Fisch einfach
aus der Mehlpampenhülle gegabelt wurde und sich am Ende auf dem Teller
ein Haufen Müll sammelte, schmeckte der Goldbarsch nicht frisch. Und das
in einer Fischbratküche!
Und nun zum Kartoffelsalat: Ich gestehe, dass ich
den Kartoffelsalat von Daniel Wischer gerade wegen seines billigen
Geschmacks immer gemocht habe. Er besteht aus völlig unterschiedlich
großen und kleinen Kartoffelscheiben unterschiedlichster Dicke und liegt
in einer milchig sämigen Essig- und Ölmarinade, gewürzt mit Pfeffer und
Salz. Schlichter geht's nun wirklich nicht und ich habe mich das erste
Mal gefragt, wie er Personen vorkommen mag, die nicht, wie ich auf den
Billiggeschmack abfahren.
Man schmeckt den einfachen Essig heraus, es fehlt jegliche Mühe in der
Verarbeitung, die Kartoffeln werden offensichtlich kreuz und quer
verarbeitet und was für eine Revolution würde wohl ausbrechen, wenn sich
wenigstens ein wenig Gewürzgurke im Salat befände? Ganz zu schweigen von
all den anderen Zutaten, mit denen man einen Kartoffelsalat krönen kann.
So aber fügt sich das Ganze zu einem billig schmeckenden Gericht aus
nicht mehr frischem Goldbarsch und schlichtestem Kartoffelsalat, für das
dann 12,90 Euro zu viel sind. Man wird in Zukunft ohne mich und meine
Familie auskommen müssen.
Ein Beitrag der
Genussanwältin
Daniel Wischer
Spitaler Straße 12
20095 Hamburg
- geschlossen seit 2016 -
nach oben