Eisenstein
Wo früher die größten Schiffsschrauben Deutschlands hergestellt wurden
und wo gleich an der Ecke über dem damaligen Postamt im 1. Stock meine
Großmutter lebte, befindet sich seit Jahren der Zeisekino-Komplex mit
seinem integrierten, weitläufigen Restaurant Eisenstein, in dem es jede
Menge Plätze innen, wie draußen gibt.
Das Überangebot an Restaurants in Ottensen hatte uns bislang davon
abgehalten hatte, dort einzukehren, aber im Sommer 2016 klappte es
endlich.
Die recht überschaubare Speisekarte, für mich immer ein Zeichen dafür,
dass man sich nicht verzetteln möchte und sich lieber auf eine kleine
Auswahl an Gerichten konzentriert, teilt sich mehr oder weniger in einen
Bereich der klassischen Reihenfolge, wie Vorspeisen, Hauptgerichte und
Desserts auf und in einen weiteren beachtlichen Bereich für Pizzen. Mein
Eindruck war auch der, dass überwiegend Pizza bestellt wurde. Die
freudig überraschte Reaktion der flotten Kellnerin, als wir ankündigten,
ein dreigängiges Menü zusammenstellen zu wollen, welches auf der Karte
für damals 34 Euro angeboten wurde, bestätigte meine Vermutung.
Es gibt so Restaurantaufenthalte, da läuft alles etwas anders als üblich
und dies war so einer. Deswegen und im Nachhinein könnte ich nicht genau
sagen, was der Grund war, weil ich und mein Lieblingsehemann, auch unter
Folter, nicht mehr sagen könnten, was unsere jeweiligen Hauptgerichte
und Desserts gewesen sind. "Es hat irgendwie gut dort geschmeckt, aber
frag mich nicht was", antwortete der von mir Befragte und ich kann dem
auch nichts Sinnvolles hinzufügen. Ich weiß noch und zum Teil erkennt
man es auf den Fotos, dass es zu dunkel wurde, um von den weiteren
Speisen ein Foto zu machen. Ich verabscheue nämlich Blitzlichtgewitter
in Restaurants, ergo lass ich selbst die Finger davon. Aber auf meinem
Notizzettel, auf dem ich meist stichwortartig notiere, wie mir die
Speisen geschmeckt haben, hört es nach den Vorspeisen auf. Seltsam.
Nein! Wir waren nicht betrunken!
Nachdem wir unsere perfekt gemixten Aperitifs, ein Hugo und ein Port
Tonic erhalten und in Ruhe unsere Menüs zusammen gestellt hatten, ging
es an die Wahl des Weines. Sofort ins Auge fiel uns ein 2013 Lam
Pinotage Biowein, unfiltriert, ungeschwefelt Lammershoek, Swartland (30
Euro) und ich wage zu behaupten, ich habe noch nie solch einen
ungewöhnlichen Rotwein getrunken. Wie soll man den beschreiben?
Einerseits enthielt er, was ich ganz typisch für die Überseeweine halte,
jede Menge aufregende Geschmacksnuancen und somit Erlebnisse bereit.
Andererseits würde ich aber auch resümieren, dass eine gewisse
Unaufgeräumtheit vorhanden war, als hätte der Kellermeister in
Lammershoek seine Arbeit noch nicht beendet. Oder bewusst nicht beendet,
um solch einen verdammt gut trinkbaren, spannenden Wein zu kreieren? Wir
waren mit unserer Wahl auf jeden Fall zufrieden:
Irritierend war die Mitteilung der Kellnerin, die uns unbestellt eine
Flasche Wasser hinstellte, dass es im Eisenstein üblich sei, stets eine
Flasche Wasser zum Wein zu reichen.
Zum frisch gebackenem Weißbrot wurde uns ein fruchtigwohlschmeckendes
italienisches Olivenöl aus Castel Monte Terra di Bari nebst Salz
gereicht. Sehr lecker!
Unsere beiden Vorspeisen, bei denen uns das Erinnerungsvermögen noch
nicht im Stich gelassen hat, waren Carpaccio und gefüllte Calamaris,
nebst Salat mit gegrillter Melone.
Während das Carpaccio sehr gut im Geschmack war, aber das obgleich dünn
geschnittene Fleisch sich teils widerspenstig zeigte und die cremige
Soße sehr gut dazu passte, habe ich mir zu den Calamaris notiert gehabt,
"Füllung unbekannt", aber Salat mit Dressing und gegrillter Melone sehr
gut, erstaunlich gut."
Wir werden nochmals hingehen. Und vielleicht schaffen wir es ja dann,
das Hauptgericht und das Dessert in konkreter Erinnerung zu behalten.
Menü 34,50 Euro (aktueller Preis 2017)
Hugo 6 Euro
Port Tonic 6 Euro
Espresso 2,10 Euro
Genussanwältin
Eisenstein
Friedensallee 9
22765 Hamburg
Telefon: 040 / 390 46 06