Gutsküche Wulksfelde
In einer Biohofküche erwartet man kräftige Kost mit Zutaten aus der
Umgebung, aus Bioanbau - und genau das wird in der Gutsküche Wulksfelde
in bemerkenswerter Auswahl geboten. Besonders zu empfehlen ist der
sonntägliche Brunch, der abseits des Üblichen eben nicht Supermarktwurst
und -käse anbietet und kein todtrauriges Rührei, das seit Stunden im
Kondenswasser schwimmt. Für 29,- Euro (ab 2012: 32,- Euro)bekommt man knusprige Brötchen,
leckere Aufstriche, originelle Wurst z.B. von der Ziege, aber auch
liebevoll und vor allem frisch zubereitete warme Gerichte wie
Hühnchencurry, Heilbutt und verschiedene Suppen. Nicht zu vergessen
Obst, die Küchlein, Pfannkuchen und der Schokopudding.
Verbesserungsbedarf gibt es bei den Küchlein - die kleine
Cranberryschnitte erschreckte durch knallharten Tortenguss und einen
viel zu massiven Grießboden.
Was uns Ende 2014 bei der Planung für ein Geburtstagsessen überhaupt
nicht gefallen hat, war die Forderung nach vorheriger Anzahlung für die
Teilnahme am Brunch:
Leider greift die vollkommen unangebrachte Idee von Anzahlungen und
Vorkasse mehr und mehr um sich. Wir haben darum lieber verzichtet und
uns für einen Mitbewerber entschieden.
Auch der Mittagstisch (Di-Fr) lohnt allemal einen Besuch, er besteht aus
täglich wechselnden zwei Gängen und kostet knapp 13 Euro. Eine Reservierung
ist nicht nötig.
Wunderbar samtig und wie versprochen etwas pikant meldete sich das
sahnehaubengekrönte Kürbissüppchen auf der Zunge. Kürbissuppen sind im
Allgemeinen wenig originell, ihnen haftet etwas Langweiliges an, dem hat
die Küche durch Zugabe von kleinen Apfel- und Apfelsinenstücken höchst
erfolgreich entgegengewirkt.
Vitello Tonnato vom Wulksfelder Weiderind wurde auf einem arg üppigen
Gemüsebett aus Topinambur, Schwarzwurzeln, Möhren und Champignons
serviert - vielleicht muss es in einem Biorestaurant einfach reichlich
Hasenfutter geben. Immerhin war es von bemerkenswerter Frische und auf
den Punkt gegart. Das Fleisch sah aus wie gemalt, und damit der Gast
diese Tatsache keinesfalls übersieht, fand sich kaum Thunfischsauce
darauf; mehr wurde auf eine Bitte hin aber schnell in einem Schüsselchen
nachgereicht. Lauwarm, milde, hätte deutlich mehr Würze (Kapern!)
vertragen können. Aber vielleicht wäre damit das vorzügliche
Fleischaroma erschlagen worden.
Insgesamt lohnt ein Besuch in Tangstedt allemal, man fährt von der
Hamburger Innenstadt mit dem Auto rund 40 Minuten bis zur Gutsküche.
Nebenan findet sich ein Bio-Supermarkt und ein Tiergarten mit Hasen,
Ziegen, Eseln und Gänsen.
Der jugendliche Service gibt sich freundlich, flott und entspannt.
Allerdings sollte dem jungen Mann, der auf einer Leiter die Kreidetafeln
über der offenen Küche beschriftet, dringend bedeutet werden, dass seine
Schuhe auf der Theke nichts zu suchen haben. Selbst dann nicht, wenn sie
mit Biosohlen ausgestattet sein sollten.
Einige Damen werden neugierig sein, aber zu gut erzogen, um
nachzufragen: Warum nur verbringen die Herren so viel mehr Zeit auf dem Gutsküchen-WC als auf dem heimischen Örtchen? Dafür gibt es eine
einfache, vollkommen natürlich-biologische Erklärung:
Im April 2011 bestätigte sich der
positive Eindruck. Man saß sehr nett auf der Terrasse vorm Restaurant,
wenngleich die Sonnenschirme derart intelligent standen, dass fast kein
Platz Schatten abbekam. Eine gut gelaunte Bedienung kredenzte uns
mittags dieses kleine Menü:
Der Salat überzeugte durch Knackigkeit und Frische, die Vinaigrette
belebte das Ganze durch angenehme Säuerlichkeit. Originell die
hauchdünnen, gerösteten Schwarzbrotscheiben, wenig originell jedoch,
dass vom gegrillten Broccoli nur ein vereinzeltes Röslein, das zudem
sein Grillerlebnis schon einige Zeit hinter sich hatte, zu finden war:
Als Hauptgang kam ein Kotelett von der Eismeerforelle, sehr zart,
feinaromatisch, allerdings vom Aussehen, vom Geschmack und auch von den
fiesen kleinen Gräten kaum vom Lachs zu unterscheiden. Frankfurter grüne
Sauce dazu erwies sich als gute Idee, die nur leichte Kräuternote
ergänzte den Fisch und erschlug ihn nicht.
Schwarzwurzeln kennt man als optisch wie geschmacklich todlangweilige
und daher verzichtbare Beilage, auf diesem Teller dagegen überzeugten
sie als ungeschälte Scheibenvariante mit zarter Bitterkeit - sehr
gelungen! Und, wie nicht anders zu erwarten, erfreuten die Biokartoffeln
("Drillinge") nicht nur mit ihrem perfekten Aussehen, sondern trotz
saisonaler Unzeit mitten im April durch einwandfreie Konsistenz und
kartoffeligen Geschmack:
Für den Kaffee der Marke "Elbgold" ergeht von dieser Stelle aus ein
klarer Trinkbefehl, insbesondere der kraftvolle Cappuccino betört die
Zunge durch eine bemerkenswert schmeichelnde Crema.
Im April 2012 lässt sich feststellen:
Qualität spricht sich herum. Inzwischen ist es nicht mehr
selbstverständlich, an einem Freitagmittag ohne Reservierung noch einen
Tisch zu bekommen.
Als ersten Gang des Tagesmenüs gab es eine "kräftige
Kartoffelcremesuppe mit Sauerrahm und Rauchlachs", ein wirklich
feines und hübsch angerichtetes Süppchen mit sehr zarten Lachsstücken.
Leider hatte die Küche nicht bedacht, dass auch der Lachs eine gehörige
Portion Salz mitbringt und gesalzen, als würde die Suppe ohne den Fisch
serviert.
Völlig ohne Tadel dagegen das "Zickleinragout mit Kohlrabi, Roten
Zwiebeln und Kräuterknöpfle". Wunderbar gegartes, vollkommen
schieres Fleisch mit knackigem Gemüse und glänzend dazu passenden
Nudeln. Was auf dem Teller zunächst recht wenig zu sein schien,
entpuppte sich doch als ganz ordentliche Portion, denn der Teller war
tiefer, als es zunächst den Anschein hatte.
Dazu gab es einen passenden trockenen Roten, insgesamt hat der Spaß
16,50 Euro gekostet - da gibt es nichts zu meckern (Preis ohne Wein:
14,50 Euro).
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Der Genusspapst verdrückte eines trüben Novemberabends anno 2012
das 5-Gänge-Überraschungsmenü. Wie er berichtet, begann dieses schon auf
sehr gutem Niveau mit einer Variation von der Eismeerforelle und
steigerte sich dann von Gang zu Gang immer weiter bis hin zu einem
grandiosen Boeuf Bourgignon von Entrecote und Kalbsbäckchen. Nix für
Sparfüchse (58,- €), aber tolles Essen in sehr schönem Ambiente mit
herzlichen Gastgebern. Reservierung ist auch abends angeraten, der Laden
war ab 20 Uhr voll. Wörtlich: "Einzelne Gänge waren durchaus
sternewürdig, da übertreibe ich nicht. Meine ohnehin nicht niedrigen
Erwartungen wurden teilweise noch übertroffen. Man wird noch hören vom
Matthias Gfrörer."
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Im Juni 2013 wurden für 14,50 Euro diese zwei
Gänge als Mittagstisch angeboten:
Wulksfelder "Vichyssoise" (kühle Kartoffelsamtsuppe) mit Rucola und
Rauchlachs | Hausgemachte Lasagne vom Galloway mit Strauchtomaten und
Kräutersalat.
Für 2 Euro mehr gab es ein Glas passenden Rosé. Der sah zwar aus wie
Bonbonwasser, passte aber in seiner Leichtigkeit gut zur Lasagne und zu
den sommerlichen Temperaturen.
Die trotz der Sahne bemerkenswert leichte Kartoffelsuppe kam wirklich
ausgespochen samtig und unsämig daher, dem Gourmet wurde echtes
Vergnügen geboten. Der Lachs lag nebenbei (man hat dazugelernt!) auf
Rucola, war schön zart und weder zu salzig noch zu rauchig.
Jungejunge, dachten wir, wenn der nächste Gang ähnlich hochklassig sein
sollte, wäre das kleine Menü aber beinahe geschenkt. Leider konnte die
Lasagne dann nicht so recht überzeugen, es fehlte einfach jegliche
Raffinesse. Zwar schmeckte man kräftiges Rindfleisch durch, eigentlich
aber ein paar Nummern zu viel davon. Nichts gegen ordentliches
Reduzieren, im Gegenteil, aber Fleischextrakt pur und ohne Bechamel
kommt auf der Zunge eben nicht so wirklich gut. Insgesamt bestand das
Stück Lasagne gewiss aus guten und teuren Zutaten wie Bio-Rindfleisch
und Bio-Tomaten, die allein jedoch garantieren noch keinen Genuss.
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Im Mai 2015 lässt sich sagen: Alles beim Alten!
Wir haben den Mittagstisch versucht, wurden wieder sehr freundlich
bedient und fühlten uns zwischen den bunten Tierbildern an den Wänden
ausgesprochen wohl.
Es gab das 2-Gänge-Mittagsmenü "im herzhaften Gutsküchenstil für
16,50€."
Gang 1 bestand aus einer Consommé vom Wagyu-Angus Bullen mit
Kräutercelestine & geräucherten Frühgemüsen - eine feine Sache im Glas,
leider eher salzig als kraftvoll. Darüber tröstete das knackige und
aromatische Gemüse hinweg.
Gang 2 waren herzhafte Penne mit gerösteten Miesmuscheln, Bärlauch &
grünem Spargel. Das sah auf den ersten Blick wenig aus, sollte aber
ausgesprochen sättigend sein. Und nicht nur das, die gesamte Komposition
mit dem frischen Spargel und wirklich reichlich krossen Miesmuscheln
fiel ziemlich überzeugend aus. Und wir vermuten einfach, dass das
Gewürz, das die ganze Zeit so herrlich zwischen unseren Zähnen
knirschte, biozertifiziert war.
Der cremige Kaffee ist nach wie vor einen Versuch wert, und wer danach
noch einen kleinen Verdauungspaziergang machen möchte, ist im
hauseigenen Tiergehege gut aufgehoben, beispielsweise bei den Hasen.
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Wir haben im Oktober 2015 wieder einmal den Mittagstisch versucht:
Frische Lauchcremesuppe mit Birne & Coppa | „Geisburger Marsch“ vom
Heide-Bison mit Hof-Gemüsen & Süßkartoffeln
Rebeccas `Lunch-Upgrade´ mit Tageswein-Empfehlung oder Störtebeker vom
Fass zum Mittagsmenü für 18,50 €
Die feincremige Suppe war ein netter Auftakt, Birne und Coppa
verschwanden ein wenig hinter dem kräftigem Laucharoma.
Der Hauptgang, eine Variation vom Gaisburger Marsch (traditionelles
schwäbisches Eintopfgericht, das die Beilagen Kartoffeln und Nudeln
miteinander vereint.) kam mit wunderbar zartem Fleisch daher. Auch das
Gemüse war alles andere als langweilig; kräftig im Geschmack und knackig
schwamm es in viel gut geratener Brühe.
Letztlich hatten wir damit aber eigentlich zwei Suppengänge und einen
entsprechenden Gluckerbauch hinterher - vielleicht wäre als Vorspeise
etwas Festeres, vielleicht ein Gratin, besser gewesen.
Insgesamt aber ein lohnender Besuch, zumal sich der gereichte Wein
(Grauburgunder) als feine Ergänzung präsentierte.
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Nach langer Zeit war es im November 2019
doch mal wieder Zeit für einen Abstecher in die Gutsküche - und der hat
sich gelohnt. Nach meinem Eindruck hat die Küche mittlerweile ihre Mitte
gefunden, es wird ausgesprochen souverän gekocht und beherzt gewürzt.
Ich versuchte den Mittagstisch (2 Gänge / 18,50 €), der begann mit einer
"Mais-Samtsuppe plus Frischkäse-Crostini", letzterer eher unspektakulär.
Mais hat in der guten Küche, abgesehen von Polenta, eigentlich nichts zu
suchen, aber diese Suppe war wirklich eine kleine Köstlichkeit:
Wunderbare Textur, vollmundig-süß-säuerliche Würzung und ein paar
frische, süße Maiskörner darin - das schmeckte nach mehr, nach erheblich
mehr!
Nicht minder überzeugend kamen "pikante Penne Arrabiata | Krosse
Miesmuscheln | Spitzpaprika | Petersilie" als Riesenportion auf den
Tisch. Allzu pikant war das Ganze zwar nicht, dafür gab es eine Unmenge
knuspriger Miesmuscheln mit süßlichem Paprika, was sanft an die
vorhergehende Suppe gemahnte.
Für 2 Euro Aufpreis bekam ich ein Glas vom anständigen Weißburgunder -
so soll eine Mittagsmahlzeit sein!
Gutsküche Wulksfelde
Wulksfelder Damm 15-17
22889 Tangstedt
040 / 64 41 94 41