1877

 

Nachdem sich das "Eucken" im Alten Gymnasium seit Jahren selbst ins Aus schießt, hat sich das 1877 zum ersten Haus am Platz gemausert - auch wenn es nicht mitten im Zentrum Husums liegt. Das Ambiente erinnert irgendwie an ein typisches 4-Sterne-Hotel, insoweit passt alles.

 

Der Service agiert professionell und sehr freundlich, wir waren im September 2021 vor Ort. Die Speisekarte, die den Gast mit 'Sie' anspricht, ist erfreulich übersichtlich, was auf frische Zutaten schließen lässt. Man scheint anzunehmen, dass Weintrinker rustikale Kumpeltypen oder Ikeakunden sind, daher werden sie auf der Weinkarte geduzt - jedenfalls bei den billigsten Tropfen. "Diesen Wein kannst du zu Lammfleisch, Geflügel und Rohmilchkäse genießen", lautet die Empfehlung für einen Shiraz-Merlot, trocken, Drostdy-Hof Cape Red.

Und tatsächlich passt der kräftige Wein (7,- für 0,2l) ausgezeichnet zu den Lammfilets. Diese Lammfilets kamen wunschgemäß nicht mehr rosa, aber sehr zart und saftig auf den Tisch, mit reichlich aromatischer Thymiansauce sowie wirklich köstlichen Macairekartoffeln (26,50 €). Die Küche den Hauses hat das Thema 'lecker' einfach drauf!


Das zeigte sich auch beim Lachsfilet mit Baby-Pak-Choi, auf den ersten Blick unspektakulär. Der Fisch entpuppte sich jedoch als exakt gegartes, großes Gaumenkino, lagernd auf leicht angeschmortem Gemüse in einem wirklich göttlichen Sud. Den hätte ich stundenlang löffeln mögen. Der schlichte weiße Reis dazu war keine kulinarische Großtat, allenfalls eine Sättigungsbeilage.

 
Einen Versuch wert ist auf jeden Fall die Vorspeise "Ziegenfrischkäse | gratiniert mit Rosmarinhonig | Chicoree-Orangensalat | Walnüsse | Paprikakonfit" für 9,50 €: Ein wunderbar fruchtig-leichter, dabei doch aromastarker und abwechslungsreicher Auftakt, der selbst militante Salatfeinde milde stimmen dürfte.


Insgesamt eine klare Empfehlung für das "1877" im Hotel Myn Utspann am Ortseingang der Stadt.

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Das Hotelrestaurant hat im September 2022 sein Niveau sowohl beim sehr freundlichen Personal als auch hinsichtlich der ambitionierten Kochkunst erfreulich hoch gehalten.
Die Weinauswahl ist übersichtlich, wir entschieden uns für den kräftigen "Arco dei Giovi Valpolicella Superiore" ( 8,50 / 0,2l) und wurden glücklich damit.

Zwar fragen wir uns, weshalb es manchmal einen Gruß aus der Küche gab und manchmal nicht, aber wir nehmen diese Unwägbarkeit einfach als liebenswerte nordfriesische Eigenheit:


Wunderbar cremig und vollmundig kam die Vorspeise "Ziegenfrischkäse-Brûlée | Paprikamarmelade | Salatbukett | Baguette" daher - sie hätte sich aus als Nachspeise geeignet (€ 8,50):


Nicht sonderlich spannend, aber doch leicht pikant und sehr schmackig war dann das Hähnchen-WOK, "Hähnchenbrust-Streifen | knackiges Gemüse | Geröstete Cashew-Kerne | Soja-Knoblauch-Sauce | Reis" (20,50 €) - das Gemüse hätte allerdings eine Spur knackiger sein dürfen und die Tomaten geteilt:

Ebenfalls etwas langweilig, aber von tadelloser Qualität das Fischduett, "gebratene Fischfilets | Senfsauce | Bratkartoffeln" (23,50 €). Die saftigen Filets bestanden aus Zander und Lachs, die knusprigen Bratkartoffeln brachten ein herrlich rauchspeckiges Aroma mit:


Die gleichen Bratkartoffeln wurden auch zum hervorragenden Original Wiener Schnitzel "Sahnemöhren | Bratkartoffeln | Preiselbeeren" gereicht, wobei sich hier die nach Art von gestovten Bohnen zubereiteten Möhrchen als echter Gaumenkitzler zeigten - sehr gut!

Auch nicht von schlechten Eltern das Ribeye-Steak vom Kalb auf Bohnen:


Als Nachspeise wird das hausgemachte Eis dringend empfohlen, es ist allerdings weniger für kindliche Süßmäuler geeignet.
Insgesamt gilt das "1877" zu Recht als erstes Haus am Ort.

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Im September 2023 konnten wir feststellen, dass im Grunde alles beim Alten geblieben ist, sogar das ausgesprochen freundliche Personal. Die Preise haben sich erhöht, zum Teil sogar kräftig, die Ziegenkäse-Vorspeise kostet inzwischen knapp 13 €. Sie ist aber immer noch hübsch anzusehen und einfach köstlich:


Die Küche legt ihr ganzes Können auf die Hauptzutat, Beilagen sind eben nur Beilagen. Besonders deutlich wurde dies beim einfach grandios-saftigen Lammrücken, der wunderbar zart und auf den Punkt gegart daherkam - dahinter könnte sich so manches Filet verstecken:

Das Wiener Schnitzel heißt nicht mehr so, vermutlich wegen der neuerdings verwendeten Panko-Panade, überzeugt aber immer noch mit einwandfreier Qualität:

 

Unfassbar zart, trotz der Bestellung 'durchgegart' - die Kalbsleber:


Etwas gestutzt haben wir beim Wein: Waren wir im Vorjahr noch mit dem kräftigen Arco dei Giovi Valpolicella Superiore sehr glücklich gewesen, kam er uns jetzt oberflächlich und belanglos vor - vielleicht ein anderer Jahrgang. Der Foresta Ombrosa Primitivo in Bioqualität hat uns besser gefallen.
Nach wie vor das erste Haus am Ort!


 

1877
Schleswiger Chaussee 65
25813 Husum
Telefon: 04841 96050

 

 
 
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