Jellyfish

 

 

"Qualle" mochte man das Restaurant nicht nennen, "Medusa" hätte mythologisch überladen gewirkt und so kam man dann wohl auf "Jellyfish" - passend für ein Fischrestaurant. Nach den Schwierigkeiten des Vorbesitzers scheint das Ganze nun wieder in die Spur zu finden, unser Besuch im Oktober 2019 ließ jedenfalls keine Zweifel an künfigen Sterneweihen aufkommen; vielleicht abgesehen vom karg-rustikalen Holztischambiente und dem Verzicht auf Tischdecken. Letztere fehlen allerdings mittlerweile selbst in 3-Sterne-Häusern.

Brotkorb mit Brot von Gaues


Der Service agierte munter und zeigte sich gut aufgelegt. Wie inzwischen vielfach üblich, konnte ausschließlich das Monatsmenü gewählt werden, wahlweise von fünf (139,- €) bis sieben Gängen (169,- €). Die Getränkepreise bewegen sich bereits im Bereich der Sterne, so schlug ein Glas 2017er Grauburgunder von der Nahe (0,15 l) mit 9,90 € zu Buche; Ladenpreis rund 10,- € pro Flasche. Ein mittelprächtiger Sherry fino kostete 9,50 pro Glas.

Wir entschieden uns für fünf Gänge, die durch erfreulich großzügige Grüße aus der Küche und diverse Zwischengänge ergänzt wurden:



Saibling „geräuchert“ - Kohlrabi | Ducca | Meerrettich
 

Muscheln „Meeresaromen“ - Fenchel | Meereskopfsalat | Melone
 

Pulpo „Gyros“ - Zaziki | Kraut | Oregano
 

Müritz Zander „gebraten“ - Boudin Noir | Sauerkraut | Grünkohl | Zwiebel
 

Falsche Zitrone - Kiwi | Kumquat | Verveine | Kefir



Wer hier also die Klassiker Hamburger Pannfisch oder Scholle Finkenwerder Art erwartet, liegt komplett falsch.

Gruß aus der Küche

Noch ein Gruß - Wachtelei plus Lardo


Die Teller bekamen wir in rascher Folge serviert, und alle waren ziemlich bunt. Das nicht nur hinsichtlich der Farbgestaltung, sondern auch geschmacklich. An die gepflegte Langeweile, wie sie bei Saibling, Zander oder Pulpo gern einmal aufkommt, war überhaupt nicht zu denken. Sämtliche Teller zeigten nicht nur für sich, sondern auch als Menüfolge eine klare Handschrift beim übermütigen Spiel mit säuerlichen bis leicht bitteren Aromen, sogar beim Nachtisch. Produktqualität und Garung der Grundprodukte waren über jeden Zweifel erhaben, gerieten angesichts der Geschmacksfülle aber etwas in den Hintergrund.

Saibling 'geräuchert'

Gerade dem Zanderfilet taten Blutwurst, Zwiebel und Sauerkraut als Kontrapunkt wirklich gut:

 

Der Auster im Zwischengang bekam die üppige Aromatisierung mit altem Tequila zwar ebenfalls hervorragend, aber nur, wenn man, wie wir, keine Austern mag: Sie war nicht mehr durchzuschmecken:

Vordessert mit Eis (Salted Caramel)

 

Dem traumhaft zarten und saftigen Saibling half eine kräftige Duccamischung samt wunderbar abgestimmtem und duftigem Meerretticheis aus dem Sessel.

Allein bei den perfekten Pulporingen wirkten Zaziki und Kraut nicht springlebendig, was an der leicht suppigen Konsistenz gelegen haben mag:

Muscheln/Meeresaromen (2. Gang)

petit fours als Nachtisch-Gruß

Nachtisch 'Falsche Zitrone'

Passend zur säuerlich-bitteren Linie präsentierte sich schließlich der Nachtisch, der sicher nicht für Kindergaumen konzipiert war und als erfrischende Komposition eine gute Weile im Zungengedächtnis haften blieb.
Klare Empfehlung!

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In Coronazeiten bietet das Jellyfish nur Außer-Haus-Service an, der Genusspapst hat sich im November 2020 daran versucht und konnte allerlei Löbliches entdecken:

Wasabigarnele mit Papaya, Mango und Avocado (14,50 €)

Schnitzel vom Seeteufel mit Kartoffel-Gurkensalat und kalt gerührten Preiselbeeren (22,- €)

 

Ebenso Mitte Dezember 2020:

 

Ceviche vom Cabeljau mit Kirschtomaten, Frühlingslauch, Chili, Ingwer, Gurken, Süßkartoffeln, Avocado und Koriander (12,50 €)

Bouillabaisse mit Fenchel, Sauce Rouille, Crustini und Fang des Tages (19,50 €)

Zimtblütenmousse mit Butterstreusel und Bratapfelragout (5,50 €)

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Vom Genusspapst ein kleiner Eindruck vom Schlemmersommer-Menü 2021:

Adlerfisch I Bohnen-Cassoulet I Dashi-Butter

Crème brûlée mit Heidelbeeren und Basilukumeis

 

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Im August 2021 war die Genussanwältin im Rahmen von 'YouDinner' auf ein Menü im Jellyfish und hat ein paar Bilder mitgebracht. Hier sind sie:

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Im Juli 2022 war das Konzept 'Hamburger Schlemmersommer' ziemlich ausgedünnt, immerhin nimmt ein einziges Restaurant auf Sterneniveau teil: Jellyfish.

Das kleine Menü für 39,50 pro Person wird nur an zwei Tagen pro Woche serviert und hat weniger mit der Abendkarte, dafür mehr mit der Mittags-Bistrokarte gemein. Insoweit kommen die Gänge hochklassig und einwandfrei daher, haben jedoch nicht viel mit der abendlichen Sterneküche gemein.

Geeistes Gurkensüppchen

Dorade 'Fang des Tages' mit Linsen und Gartenkräutern

 

Angesichts der hohen Produktqualität und der perfekten Zubereitung kann man allerdings mit diesem Mini-Menü nur wenig falsch machen. Natürlich fragt man sich an einem Sonntagmittag, was der 'Fang des Tages' wohl sein mag: Ein saftiges Doradenfilet war's.

Insbesondere beim Nachtisch überzeugte die Mousse von der Tonkabohne - so lecker und luftig habe ich das noch nie zuvor bekommen.

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Im August 2023 kann fast nur Positives berichtet werden. Eine muntere Herrenriege bediente uns freundlich und humorvoll, servierte ein ausgesprochen aromenstarkes 'Schlemmersommer-Menü' für 79,- € ( 2 Personen), das letztlich eine Auswahl der Bistrokarte darstellte und mit etwas günstigerem Preis als dort lockte. Man sitzt nach wie vor recht eng beieinander, bekommt also die Gespräche am Nebentisch ungewollt, aber vollinhaltlich mit.

Vorweg gab es ein wenig leichtes, hausgebackenes Brot in zwei Sorten. Wir bestellten zunächst Oloroso-Sherry, also keinen Fino. In einem Haus dieser Klasse sollte der allerdings auch im Sommer nicht eiskalt serviert werden - da bleibt nämlich vom feinen Aroma kaum etwas übrig.
Die drei Gänge zeigten sich insgesamt über jeden Zweifel erhaben, deutlich vollmundiger und ausbalancierter, als die schlichte Beschreibung auf der Karte erhoffen ließ. Das galt insbesondere für den optisch eher unspektakulären Curry Cappuccino mit Kaffirlimette, Gyoze von der Languste, grüner Spargel:

 

Ebenfalls ein duftiger Aromaknaller und außerdem eine Augenweide war Hamachi, Ponzu, Koriander, Spinat:



Label Roge Lachs auf der Haut gebraten, Edamame, Glasnudeltatar, Yuzu, Beurre Blanc las sich vielversprechend, kam auch mit wunderbar zart-saftigem Lachs auf den Tisch, blieb geschmacklich jedoch etwas verhalten, mit zu sparsamem Yuzu-Aroma:



Tadellos dann Tarte au citrom, eine (!) Himbeere, leckeres Mango-Eis und Baiser - wobei der Baiser im Grunde noch Eischnee war:

Zwar bekommt man hier mittags keine Sterneküche geboten, aber doch sehr ausgefeilte Gerichte und ein Besuch (Reservierung!) lohnt sich allemal. Die Bistrokarte gilt allerdings nur am Samstag und Sonntag von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr, das Schlemmersommer-Menü gibt es noch bis Ende August 2023.

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Jellyfish
Weidenallee 12
20357 Hamburg

Tel.: 040 / 4105414

 
 
genussgenie.de