Culinaria Karibik

 

 

Exotische Spezialitäten von den Bermudas bis Curacao – der unbefangene Küchenchef denkt da zunächst an zwar fruchtige, aber sehr geistvolle und kalte Genüsse in bunt geschmückten Longdrinkgläsern. Wie Culinaria Karibik aus dem Jahr 1999 eindrucksvoll belegt, gibt es in den sonnigen karibischen Gefilden aber durchaus bemerkenswerte Rezepte und Kompositionen auch hinsichtlich fester Nahrung.

Wer ein schlichtes Kochbuch mit Anleitungen sucht, ist mit diesem teuren Buch aus dem zwischenzeitlich insolventen Könemann-Verlag nicht so gut bedient. Dafür ist es zu umfangreich und hat die einzelnen Rezepte nicht nach Fleisch oder nicht Fleisch, sondern, wie in den anderen Büchern der Culinaria-Serie auch, nach Regionen und Inseln unterteilt.Insoweit ist es auch nur in zweiter Linie ein Nachschlagewerk, in erster Linie zeigt es in wirklich schönen, üppigen Bildern die dortige Landschaft und die Menschen mit ihren Vorlieben wie Hahnenkampf, allerdings auch Zutaten, Früchte und Zubereitungsarten. Die erhofften Getränke kommen auch nicht zu kurz.

Erfreulich finde ich zwar, dass großer Wert auf regionale Echtheit der Rezepte gelegt wurde, zum Teil macht das aber wenig Sinn, weil manche Zutaten in Deutschland gar nicht erhältlich sind. So hört sich das auf Martinique und Guadeloupe übliche Gericht mit kreolischem Seeigel-Rogen zwar prickelnd an, aber woher soll ich karibische Seeigel bekommen ? Oder Kaktusmus des Kadushi auf Curacao?

Die karibische Küche ist, vergleicht man beispielsweise mit Culinaria Griechenland, doch wesentlich abwechslungsreicher und bunter als manch’ europäische, das wird aber auch an der Aufteilung in etwa 7000 Inseln liegen – da war die Kommunikation untereinander wohl nicht immer so leicht. Wenig überrascht haben mich angesichts der dort herrschenden Temperaturen die vielen scharfen Gerichte oder solche mit Ananas, bemerkenswerter fand ich hingegen die recht innovativen Nachspeisen wie Kokosmousse mit gebackenen Gemüsebananen. Inselbedingt stellt Fisch natürlich eine Hauptnahrungsquelle dar, allerdings scheinen Fischeintöpfe verbreiteter zu sein als schlicht gebratener oder gar geräucherter Fisch. Tintenfische gibt es natürlich wie in Griechenland auch, und die Zubereitung unterscheidet sich allenfalls marginal – es wird öfter mal Rum als Aromaspender verwendet, auch für Süßspeisen. Hier mal als Beispiel aus St. Lucia ‚Laurels Bananen-Rum-Kuchen:

2 große, überreife Bananen zerdrücken und mit 4 EL Sauerrahm und 2 EL Rum verrühren. 3 Eier mit 90g Zucker schaumig schlagen, zufügen sowie 250g Mehl und 60g zerlassene Butter einarbeiten. In eine gefettete Kastenform geben, etwa 45 Minuten bei 200 °C backen und dann auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.

Für den Rumsirup 125 ml Wasser, 4 TL Limettensaft und 125 g Zucker in einem Topf zum Kochen bringen. Die Hitze reduzieren und alles 10 Minuten unter Rühren kochen lassen, bis sich der Zucker auflöst. Topf vom Herd nehmen und 2 EL Rum unterrühren. Den Kuchen mehrmals mit Spießchen oder Gabel einstechen und mit dem Rumsirup tränken.


Ich denke, der Hunger wird’s ‚reintreiben.

Zwischendurch findet sich in Culinaria Karibik immer wieder eine reich bebilderte Warenkunde, so dass bei Einkauf hiesiger Zutaten und Zubereitung wenig schief gehen kann. Die in 460 Seiten aufgeführten Rezepte sind auch nichts für überdrehte 7-Sterne-Gourmetköche, die ein 14-Gänge-Menü mit tiefergelegtem Klippfisch an Muskatblättchen auf Süßkartoffelschnee servieren möchten. Vielmehr macht Culinaria deutlich, dass es weniger auf verwegene Raffinesse ankommt, sondern auf hochwertigste Zutaten, die ‚auf den Punkt’ zubereitet werden. So etwas muss denn auch nicht teuer sein und eignet sich durchaus für Anfänger. Dies ist mehr etwas zum gemütlich durchschmökern und neue Anregungen holen – nichts für Leute auf Diät, auch wenn bekanntlich gesunder Fisch wie Obst und nicht fehlen und Rum eigentlich rein pflanzlich ist ;-) Es ist einfach ein richtig schönes und auch teures Buch, eines für Menschen, die einfach Bücher gerne mögen und sich daran erfreuen können..

Der Verlag Könemann hat großen Wert auf Qualität in wirklich jeder Hinsicht gelegt, was sich auch im Preis bemerkbar macht, aber wirklich angemessen ist. Offenbar war die Buchserie wohl doch zu billig, denn der Verlag Könemann hat inzwischen seine Tore geschlossen, es gibt nur noch Restbestände der Culinaria-Reihe zu kaufen, u.a. bei amazon.de, Das Buch verursacht bei längerem Schmökern wegen der schönen Photos durchaus neben Hunger auch Fernweh – selbst wenn manches, was uns zivilisationsmüden Westmenschen stimmungsvoll romantisch erscheinen will, wohl eher mit Mangel und Armut zu tun hat. Andererseits sind viele heutige Gourmet-Speisen, insbesondere aus der italienischen In-Küche, ursprünglich Arme-Leute-Essen gewesen. Jedenfalls ist das 4-Pfund-Werk sein Geld sicher wert gewesen, das Buch macht trotz rosa Buchrücken auch im Angeber-Bücherregal richtig etwas her, ist aber für die Küche doch etwas unhandlich geraten und es wäre bedauerlich, wenn es durch Rumspritzer verunziert würde.

 

 
 
genussgenie.de