Geist der Kochkunst / Karl Friedrich von Rumohr

 

 

Wie der Titel bereits andeutet, liegt hier kein Kochbuch mit Rezeptsammlungen vor, wie es heute üblich ist. Vielmehr geht es allgemein um eine Anleitung für die Zubereitung von Speisen, teils ganzer Ochsen, angefangen bei den Empfehlungen zur Beschickung des Kohleherds, der offenen Feuerstelle und der Küchengerätschaften. Rostfreie Siebe, Abzugshauben und Induktionsherde gehörten 1822 nicht zum Standard.

Bemerkenswert ist sicher, dass der Autor als Freiherr kaum zu dem Personenkreis gehört haben dürfte, der Anfang des 19. Jahrhunderts üblicherweise in der Küche werkelte. Dementsprechend finden sich viele philosophische Betrachtungen über das Für und Wider von Verzehrgewohnheiten und Zubereitungsprozeduren, zur Freude des Lesers oft mit drastischen und politisch unkorrekten Formulierungen gewürzt: "Wilde, dem tierischen Zustand nahestehende Nationen, pflegen die animalischen Stoffe ohne große Umstände roh zu verzehren ...'.
Als ungeheures Laster empfand der Freiherr die Schlemmerei, als schrecklicher gar noch die wegen ihrer größeren Verbreitung 'ungleich verderblichere Schleckerei' - in seinen Augen waren das 'Aftergeburten', denen er keinesfalls das Wort reden wolle.
Von Rumohrs Meinung zur Kochkunst lässt sich am besten mit diesem Zitat zusammenfassen: 'Der anmutige Stil der Kochkunst, ein Gipfel, auf dem es schwer ist, lange zu verweilen, verbindet mit der Nahrhaftigkeit den Reiz und die Zierde'. Er wettert, wenn der Nährwert von Speisen zu kurz kommt, in Zeiten des allgemeinen Nahrungsmangels gewiss eine angemessene Kritik. Die gerade aus der Mode kommende Molekularküche wäre ihm, dem Puristen, ein Gräuel gewesen, bot sie doch bloß Schönheit und Originalität ohne praktischen Nutzen.
Nichtsdestotrotz spricht aus jeder Zeile der hochgebildete, verständige und philosophisch bewanderte Genießer, der zwar gemäß Horaz Nützlichkeit mit Anmut vermischen will, aber doch immer sehr genau weiß, wie man einen ordentlichen Braten behandelt, damit der größtmögliche Gaumenkitzel entsteht; abseits vom 'Walfischfraß der Grönländer' und fern vom 'Saffran', einer 'albernen Würze'.

Angesichts des hohen Unterhaltungswerts und der historischen Einblicke ist es nicht verwunderlich, dass dieses Werk seit fast 200 Jahren immer wieder neu aufgelegt wird - man muss ja nicht bei der römischen Kochkunst des Aspicius anfangen. Und für 10 Euro wird doch eine Menge Spaß, sorry, anmutige und nützliche Belehrung, geboten.

 

 
 
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