Le Ciel im Hotel Le Méridien (geschlossen)

  

 

Gleich nach Betreten des modernen, in hellen Rottönen gehaltenen Restaurants im neunten Stock werden die Gäste fein selektiert. Wer ein Komplettmenü wie z.B. Hamburg-LIVE gebucht hat, wird nach rechts hinten verfrachtet, wer als À la carte - Besucher erscheint, bekommt einen direkten Fensterplatz. Allerdings ist die Aussicht überall toll. Sie ist auch die Rechtfertigung für einen Besuch im Le Ciel, der Blick über die Alster, besonders bei Dämmerung, könnte umwerfender kaum sein. Deutlich ist zu erkennen, dass es sich bei der Alster tatsächlich um einen Fluss handelt, nicht nur um einen Stausee.
Das Ambiente ist großzügig, kühl und loungeartig, immer wieder blinken Lampen auf. Die Damen und Herren von der Bedienung zeigten sich freundlich-distanziert. Es lohnt allerdings nicht, auf die Gerichte im Einzelnen einzugehen. Sie waren ordentlich, hübsch angerichtet und ließen sich sicher gut vorbereiten. Zu loben ist eine gewisse Leichtigkeit der Gänge, hier ein kleiner Überblick:

  

  

Wegen der Speisen allein wird sicher kaum ein Gourmet dieses Restaurant aufsuchen, auch wenn sie von einwandfreier Qualität waren. Es sollte aber mit dem Teufel zugehen, wenn man bei einem Date an diesem Ort sein Mädel nicht ernstlich beeindrucken kann.

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Im November 2011 herrschte im stylischen Le Ciel der Eindruck vor, die Küche sei erwachsen geworden. Wir versuchten dieses (Rindchen-) Menü im vollkommen ausgebuchten Restaurant:

Aperitif: 2010 Albòre Secco, Frizzante, Emilia Romagna

Zur Vorspeise: 2010 Weißburgunder trocken, Weingut Weber, Nahe

Winterliche Blattsalate mit Orangen-Walnuss-Dressing, gebratenem Gänsecassoulet und Sesamchip:

Selbst Salatfeinde dürften hier zu Konvertiten werden, diese wunderbare Komposition von kräftig-zartem Gänsefleisch mit zurückhaltenden Fruchtaromen dürfte auch skeptische Gaumen überzeugen. Es folgte zum gleichen Wein eine sehr, sehr samtige Kartoffelvelouté mit Speckcroûtons:


2007 Château Le Malinay, Moulis-en-Médoc, diesen mittelkräftigen Bordeaux gab es zur tadellosen traditionellen Gans mit karamellisierten Portweinmaronen an Apfelrotkohl und Thüringer Kartoffelklößen:

Besonders die Portweinmaronen bildeten eine schöne Ergänzung zur wirklich klassischen Gans. Angesichts des üppigen Kloßes wäre ein wenig mehr Soße einfach mehr gewesen.

Es folgte eine vergleichsweise leichte und süffige 2009er  Riesling Auslese, Mandelbrunnen, Weingut Peth-Wetz, Rheinhessen, dazu wurde eine bemerkenswert fluffig-schmelzende, nicht zu süsse Nougatterrine mit Gewürz-Mandarinensalat und Pistazieneis gereicht:

Ein gelungener Abschluss, allein beim wenig aromatischen Pistazieneis sollte man vielleicht bei Heinz Wehmann im Landhaus Scherrer nachfragen, wie man das so richtig vollmundig statt langweilig hinbekommt.
 

Preis: € 52,00 pro Person inkl. Aperitif, begleitender Weine und Mineralwasser - kundenfreundlich.

Der jugendlich-frische Service zeigte sich freundlich auf der Höhe, wir hatten niemals über leere Gläser zu klagen.

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Am 21.12.2012 beschlossen Genussgenie und Genusssklavin, den angekündigten Weltuntergang vom Himmel aus zu betrachten und entschieden sich für das Gänsemenü, das inklusive Wasser und begleitender (Rindchen-)Weine mit 52,- Euro pro Person kosten sollte. Der Weltuntergang fiel bekanntlich aus, dafür wurden wir mit einer Art Sonnenaufgang der Kulinarik entschädigt. Das Menü startete mit einem überraschend fruchtig-trockenen Metropol Spumante brut, Cantina Cavicchioli aus der Emilia-Romagna, Italien. Wenn man den Begriff 'Spumante' liest, fährt einem ja zunächst der Schreck in die Glieder. Dann folgte ein Glas 2011er Carmen vom Weingut Klosterhof aus der Pfalz Pfalz, das man sich einfach so nicht antun sollte, das aber mit seiner Süße zur leicht geräucherten Gänseleber genial gewählt war. Feigen-Maronensalat mit leichter Bitternote und Kirsch-Balsamicovinaigrette boten ebenfalls eine schöne Ergänzung.


 

Den gleichen Wein gab es zum Kürbis-Orangen-Crèmesüppchen samt Gänseklein, da passte er so einigermaßen, man hatte sich an ihn gewöhnt. Die samtige Suppe, die wie ein Milchkaffee aussah, glänzte nämlich ebenfalls mit verhaltener Süße. Sehr unspektakulär, aber besonders lecker, feinfaserig und aromatisch kam das Gänseklein daher - insgesamt ein gelungener Gang.



Jetzt war es hohe Zeit für Rotwein. Es kam ein bemerkenswert kräftiger, reifer
2011er Camà Sangiovese, Vitivinicola La Murola, Marche, Italien auf den Tisch, bestens abgestimmt zum Gänsebraten aus dem Ofen, Preiselbeerjus, Apfel-Rotkohl, Kartoffel-Majoranknödel. Die Gänseteile waren knusprig und sehr saftig, wie sie eben sein sollen, der Rotkohl dagegen war eine Spur zuckriger, als er sein sollte. Besondere Freude bereitete der völlig langweilig aussehende Knödel, denn er überzeugte durch seine Würzigkeit und bemerkenswert angenehmes Mundgefühl. Das Genusspaar kann sich kaum erinnern, jemals so gute Knödel bekommen zu haben. Höchstens in Thüringen. Leider fand sich nur sehr wenig vom Preiselbeerjus auf den Tellern, aber das ist nun Jammern auf hohem Niveau.


Zum Nachtisch, Clementinen-Mandelparfait, Haselnusskrokant, eingelegte Zimtbirne, wurde ein passender 2011er Scheurebe Spätlese lieblich vom Weingut Hauck, Rheinhessen, serviert. Nach den vorangegangenen Aromabomben erwies sich das zurückhaltende Parfait als echter Segen für die Zunge. Richtig platziert, kann auch etwas eher Nichtssagendes große Wirkung erzielen - gut gemacht! Dafür langweilten Krokant und Birne optisch wie geschmacklich.


Insgesamt bekamen wir ein bemerkenswert ausgefeiltes Menü, was uns um so mehr erstaunte, als die Küche bislang eher durch praktische und gut vorzubereitende Gerichte auffiel. Es ist deutlich aufwärts gegangen! Das auffallend jugendliche Serviceteam agierte freundlich und sehr flott.

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Die Lage des Restaurants ist ja einfach spektakulär, man fährt mit dem gläsernen Außenfahrstuhl nach oben und genießt dann einen umwerfenden Blick über die Alster.

Auch bei schlechtem Wetter. Im August 2014 fanden wir uns nach Reservierung wieder einmal dort ein - und die Reservierung war eine hervorragende Idee gewesen, denn am Empfang wurden schon Tischwünsche für diesen und den kommenden Abend abschlägig beschieden. Sogar die Warteliste war bereits voll. Uns wurde die die Garderobe gegen Marke ('68') abgenommen und wir wurden an einen Tisch direkt am Fenster geführt.
Die junge Mannschaft war freundlich und sehr bemüht, allerdings wurde uns nur alle Dreiviertelstunde ein Gang serviert und der Abend wurde ziemlich lang.
 

 


Los ging es mit dem lauwarmen Seeteufel mit Avocado und Tomaten-Korianderpesto, der in winziger Medaillonform auf dem Teller lag und, von einer gewissen Schärfe des Pesto abgesehen, wenig Eindruck machte.

Seeteufel


Sodann: Geeiste Apfel-Gurkensuppe mit frischem Ingwer und Crème fraîche-Minzmousse. Eine schöne Erfrischung im Sommer, die Suppe selbst etwas langweilig und uninspiriert, eigentlich nur pürierte Gurke, dagegen halfen der Ingwer und die Moussee.

Gurkensuppe


Tchk, tschk, tschk,tschk, tschk, tschk,tschk - Schlagzeug im 4/4-Takt, ununterbrochen, wie der Hintergrundsound von 70er-Jahre-Discomusic oder Hiphop. Stun-den-lang. Es hätte auch die defekte Klimaanlage sein können. Der eintönige Rhythmus, und wirklich nur dieser, kam von der direkt anliegenden Bar und begleitete uns den gesamten Abend hindurch.

Als nächster Gang sollte "Rosa gegrilltes Rindersteak unter der Salsa Verde-Kruste, Zuckermais, gerösteter grüner Spargel und Kartoffel-Kräuter-Crisps" folgen. Eine Wahl hinsichtlich des Garzustands, ob well done oder blutig, gab es nicht. Das Steak erwies sich als zartes und auf den Punkt rosa gegrilltes Filet, wunderbar! Die vielversprechend aussehende Salsa Verde-Kruste war jedoch nur verhalten krustig und bot eigentlich nicht mehr als einen grünen Farbtupfer fürs Auge. Und eine Andeutung von Salz. Den Zuckermais bedeckte eine hauchdünne Karamellschicht, eine leckere Variante. Echte Freude bereiteten uns krokettenartigen Kartoffel-Kräuter-Crisps, sehr knusprig, zudem würzig und weich gefüllt.


Die monotone Persussionbegleitung blieb uns auch für die nächsten 45 Minuten erhalten, bis der Nachtisch kam: Himbeergeisttörtchen an Pfirsichsorbet und Stachelbeersalat. Vom Alkohol selbst konnten wir nichts bemerken, aber davon abgesehen kam uns dieses Tellerchen wie ein leichter und wunderbar fruchtiger Traum vor - gut gemacht!


Hierbei handelte sich um das so genannte Schlemmersommer-Menü, es kostete 59,00 Euro für 2 Personen. Daran gibt es nichts zu meckern. Der Gast fragt sich natürlich, wie das Haus auf seine Kosten kommt, und die Antwort ist die übliche: über die Getränkepreise. So haben wir für eine Flasche Mineralwasser San Pellegrino, die bei Edeka für 89 Cent zu kaufen ist, stolze 9,90 Euro bezahlt.

Zum Kaffee gab es sehr Gelungenes aus der Patisserie:


Am Empfang stand am Ende leider niemand mehr, der unsere Garderobenmarke entgegennehmen konnte. Nach mehreren Versuchen, zuständiges Personal zu keilen, griffen wir schließlich zur Selbsthilfe, öffneten den Garderobenschrank hinter der Theke, griffen unsere Mäntel und ließen die Marke ('68') zurück. Wir hätten auch die gesamte Garderobe ungehindert abräumen können. Mit Discosound, ohne Marke.

 

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Schon lange wollte der Genusspapst einmal das "High Sky Lunch" im Le Ciel ausprobieren. Anfang September 2014 passte es dann endlich zeitlich, das hervorragende Wetter versprach einen tollen Blick auf die Alster und die online gestellte Mittagskarte hörte sich äußerst vielversprechend an. Zusammen mit netter Begleitung zeitig um 12 Uhr im Le Ciel angekommen, stellte sich heraus, dass das gesamte Restaurant mittags wegen einer geschlossenen Veranstaltung nicht zugänglich war. Man bot uns Plätze in der daneben liegenden Bar an, war aber nicht in der Lage, dort den Mittagstisch zu servieren. Angeboten wurden dort lediglich kleine Snacks aus der Barkarte. Wir zogen dann doch lieber ein Essen bei der Konkurrenz vor. Warum ein 5-Sterne-Hotel wie das Le Méridien nicht in der Lage ist, eine geschlossene Gesellschaft auf der Online-Mittagskarte anzukündigen, konnte uns die sehr nette und bemühte Kellnerin nicht sagen. Sie wollte die Anregung aber weitergeben. Bis auf Weiteres ergeht die Empfehlung: Vor einem Besuch des Le Ciel lieber mal kurz dort anrufen, ob das Restaurant überhaupt geöffnet ist.

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Wenn es am Sonntagmittag besonders nett werden soll, bietet man im Le Ciel den 'Royal lunch': "Nach Lust und Laune kosten, naschen und experimentieren: Sie können jede Woche aus unterschiedlichen Gerichten wählen und sich aus den verschiedenen Vorspeisen, Suppen, Hauptspeisen und Desserts – alles in kleinen Portionen serviert – Ihr individuelles Menü zusammenstellen. Was Sie bestellen, wie oft und in welcher Reihenfolge bleibt dabei ganz Ihnen und Ihrem Appetit überlassen! Jeden Sonntag und an ausgewählten Feiertagen von 12.00 Uhr - 14.30 Uhr für € 49,50 pro Person. Inklusive Spitzensekt als Apéritif, Weiß- und Rotwein, Softgetränke und Mineralwasser."
Das liest sich gut und ist dann auch so. Es gibt wirklich aus jedem Bereich tolle Häppchen in feinster Produktqualität. Natürlich sind einige Dinge vorbereitet, eine zarte Entenbrust stellt auch eine geübte Küchenmannschaft nicht nebenbei auf die Schnelle her. Es ist sicher für jeden Geschmack etwas dabei, nur Vegetarier haben's nicht ganz leicht. Am Besten gefiel uns in der ersten Novemberwoche 2014 das Pot-au-feu, direkt gefolgt von der rosa Entenbrust.

Pot-au-feu

Nachtisch-Variation

Als Zwischengang machte sich der frische Cocktail von Büsumer Krabben gut. Auf jeden Fall einen Versuch wert sind auch die Nachtische, hier überzeugten das lockere Quarkbällchen (das allerdings in einem extrem unpraktischen Schälchen serviert wurde, damit jeder Gast mit der Vanillesauce kleckerte) und das Himbeer-Joghurt-Sorbet. Zu gewichtig kam die Creme aus weißer Schokolade daher.
Insgesamt: Lohnt sich, auch hinsichtlich der Sekt- und Weinauswahl!
 


 

Geschlossen, inzwischen befindet sich hier das Restaurant HERITAGE

Le Ciel
An der Alster 52-56
20099 Hamburg

 

 
 
genussgenie.de