Memory

 

Die Lage des Hauses an der Hauptstrasse ist nicht so wirklich schön, dafür überzeugen die inneren Qualitäten. In der Mitte befinden sich Küche und eine Serviceecke, darum herum in Hufeisenform die warm und großzügig gestalteten Gasträume.


Meine Frage nach einem besonderen Sherry wurde mit einem bedauernden 'Wir haben leider nur Sandeman' beantwortet, der medium Sherry des Anbieters ist aber bekanntlich akzeptabel.
Das fünfgängige Memory-Menü (69,- €) sollte es sein. Es begann spannend mit Kokossüppchen sowie etwas warmem Kalbskopfsalat als Küchengruß:

 

Weiter ging es mit einer Entenleber-Variation, bestehend aus einem Törtchen, zwei Stücken Parfait und warmer, gebratener Entenleber. Alles von einwandfreier Qualität, stark aufgewertet durch die feine Säuerlichkeit der hausgemachten Stachelbeerkonfitüre:

 

Als Autofahrer hatte ich grummelnd alkoholfreies Bier geordert. Das allerdings konnte die Chefin nicht mit ansehen und servierte mir ein Glas wunderbar mit der Leber harmonierenden Sancerre - auf Kosten des Hauses. Ebenfalls sehr nobel das Angebot, einen beliebigen (!) Flaschenwein zu öffnen und nur glasweise - quasi als offenen Wein - zu berechnen. Das findet man nicht oft, eine so herzliche Betreuung auch nicht.


Thaisüppchen im Glas plus warmer Hummersalat folgten. Die Suppen der Thaiküche sind normalerweise eher schlank bis wässrig, diese kam jedoch sehr gewichtig und mit kaum definierbarem Geschmack daher. Nur eine deutliche Schärfe milderte die schwere Sämigkeit ein wenig. Wesentlich besser gefiel der butterzarte und erstaunlich vollmundige Hummer mit dem frischen Koriandergrün, das wohl als Rechtfertigung für den Begriff 'Salat' herhalten musste:


Man achtet hier auf den Wunsch des Gastes: Nachdem ich erklärt hatte, dass die Schärfe konvenierte, mangelte es auch dem nächsten Gang daran nicht. Dafür hatte man einen Sud aus Chillies, Orangen und Zimt gekocht und darin dann die Süßkartoffeln kurz gegart. Auf der scharfen Kartoffel-Basis waren dann auf den Punkt gebratene Jakobsmuscheln samt kleinen Stücken von Blutwurst drapiert. Was zunächst ungewöhnlich wirkte, zeigte sich auf der Zunge als geniale Komposition, nämlich die Mischung der vergleichsweise milden, weichen Muschel mit der sehr knusprigen und würzigen Blutwurst. Hut ab!

Jacobsmuscheln mit Blutwurst auf Süßkartoffeln


Kalbsbäckchen mit Wintergemüse, hier zeigte die Küche unverhohlen ihre Herkunft vom Meister Viehhauser. Der Teller duftete schon von Ferne beim Servieren, offenbar hatte man mit Trüffeln nicht gespart. Das bunte Gemüse kam in Kugelform und bot damit ein angenehmes Mundgefühl:

Auch ältere Mitbürger wollen ja gern mal etwas Vernünftiges essen, Ihnen sei dieser Gang unbedingt ans Herz gelegt: Das hocharomatische Fleisch war dermaßen zart und beinahe weich, dass es sich auch mit schlecht sitzenden dritten Zähnen problemlos hätte bewältigen lassen, nämlich lutschend. Ein wenig mehr Biss dürfte also schon sein.

Das abschließende 'Memorydessert' bot von allem etwas, da hätte ich mir ein wenig mehr Mut zur Lücke gewünscht. Wirklich ungewöhnlich und herausragend auf dem Teller schmeckte nur die fein-säuerliche Mousse von der Passionsfrucht, wenngleich ich zunächst auf Limette getippt hatte. Tadellos auch die kleine Crème brûlée. Grießflammerie mit Frucht entpuppte sich dagegen als Leckerei für Kindergaumen, das Eis mit Sesam war von langweiliger Güte, der nougatgefüllte Boller unnötig:


Insgesamt ein rundes und gelungenes Menü, das den Gourmet auf seine Kosten kommen lässt. Der Gault Millau 2015 hat diesem Restaurant vollkommen zu Recht 'familiäre Stimmung' bescheinigt, allerdings nur 14 Punkte vergeben - das scheint angesichts der gebotenen Leistungen arg geizig.

 



Memory
Sülldorfer Landstr. 222
22589 Hamburg

Tel. 040 - 866 269 38
 

 

 

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