Pho Bui

Obacht!

Seit Anfang August 2016 ist das Restaurant mit Folie zugeklebt und es findet sich das Schild 'Wegen Renovierungsarbeiten vorübergehend geschlossen' - offenbar gibt es Aufräumungsarbeiten nach einem Brand!

Inzwischen wurde auch das Firmenschild gewechselt, offenbar eröffnet demnächst ein anderes vietnamesisches Restaurant, Pho Bui dürfte mithin nunmehr Geschichte sein.

 

Ein Gourmet, der auf sich hält, tut natürlich gern und oft kund, dass er angesichts asiatischer Küchenkunst allein das Authentische bevorzugt und ihm beispielsweise die Anbiederung chinesischer Restaurants an europäische Gaumengewohnheiten ein Gräuel ist. Da traf es sich gut, dass Ende Januar 2015 in den ehemaligen Räumlichkeiten eines Gebrauchtmöbelhändlers das Pho Bui eröffnet hat, dessen Küche sich nach eigener Einschätzung 'an die vietnamesische Garküche' anlehnt.

 

Die Ortswahl wirkt auf den ersten Blick mutig, immerhin gibt es im Umkreis von 200 Metern bereits drei weitere asiatische Restaurants. In der Tat scheint man sich auf vietnamesisches Stammpublikum kaprizieren zu wollen, beispielsweise finden sich im Keller drei mietbare Räume mit Hightech-Anlagen für private Karaokeveranstaltungen (30,- Euro/Stunde). Und die Karte bietet allerlei Spezielles wie "Kuhmägen, gebraten mit Sellerie und Knoblauch, Ananas, Sesam, Zwiebeln".
Die Bedienung zeigte sich ausgesprochen freundlich und aufgeschlossen, die Getränkepreise waren human - ein ordentlicher Grauburgunder kostete 19,- Euro pro Flasche.
Wir bestellten Vorsuppen, Hühnersuppe und Pho Ga Tuoi, eine Reisbandnudelsuppe mit frischem Hühnerfleisch, dazu mit Mungobohnenmus gefüllte Sesambällchenkroketten. Die Zubereitung dauerte einige Zeit, dafür wurden dann die Hauptspeisen gleich mitserviert und der Tisch war voll.

 

Reisbandnudelsuppe wird in Vietnam typischerweise zum Frühstück serviert und hier war sie wirklich so, wie sie die Mitesser des Genussgenies in Vietnam kennen gelernt hatten. Also auch eher lauwarm als heiß. Gleiches galt für die Hühnersuppe, sie sah aus und schmeckte wie leicht angebundenes Wasser. Offenbar wurde dafür kein Huhn ausgekocht, es schwammen lediglich Hühnchenstücke, viele Pilze und einige Nudeln darin herum. Aroma war nur mit Hilfe des extra servierten Korianders zu erzielen. Unerwartet pappig und fest kamen die Kroketten daher, überraschten den Gaumen aber mit einem seltsam süßlichen Aroma der Mungobohnenfüllung - das ging schon in Richtung Nachspeise.
Von den mittlerweile erkalteten Hauptspeisen überzeugten nur die vegetarischen Sommerrollen (3,20 € für 2 Stück, eigentlich Vorspeise):

 

Muc Sua Sot Me, gebratener Tintenfisch mit Tamarindensauce ('M4', 12,50 €) konnte weder durch Aroma noch mit Zartheit punkten:

 

Noch viel weniger glücklich waren wir mit dem gedämpften Kalbfleisch mit Ingwer ('Be Hap Gung', 14,90 Euro), einem kalten Gericht, wie der Kellner vorher wissen ließ. Was er allerdings nicht erwähnte: Es handelte sich zwar um klein geschnetzeltes Fleisch, wie man zuweilen französischen Kochschinken an der Frischetheke bekommt:

 

Allerdings nicht schier, sondern mit Haut, viel Fett und Knochen und entsprechend kompliziert zu bewältigen. Wegen des Aromas würde man so in Vietnam essen, hieß es auf Nachfrage. Warum vom Ingwer geschmacklich absolut nichts zu bemerken war, habe ich dann nicht zu fragen getraut, vermutlich ist das auch authentisch.
Am nettesten präsentierte sich der Zunge noch der Nachtisch in Form von vollreifen Mangospalten auf warmen Klebreis mit Cocossauce ('Xoi xoai - cot dua'). Die 4,80 € für das kleine Häufchen sind allerdings recht selbstbewusst kalkuliert:


Am Ende wurde uns ein eingeschaltetes Smartphone (Samsung Galaxy S4) auf den Tisch gelegt. Darauf konnten wir die Rechnung ablesen.

Es wird auch ein günstiger Mittagstisch angeboten, momentan ab 5,90 inklusive einer 'hausgemachten Tagessuppe'.


Ein interessantes Erlebnis, sicher. Aber, bei Licht betrachtet, wird Authentizität in der Küche einfach überschätzt.

Pho Bui
Wandsbeker Zollstraße 5 (Nächste U-Bahnstation: Wandsbek-Markt)
22041 Hamburg
 

 
 
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