Schwarzwaldstube  (geschlossen)

 

Seit Jahren schon bekommt Harald Wohlfahrt mit seiner Schwarzwaldstube die Höchstbewertung vom Gault Millau (2010: 19,5 von 20 Punkten) - das Restaurant ist über jeden Zweifel erhaben. Baiersbronn ist allerdings doch ein Stück entfernt von Hamburg, und so liegen meine letzten Besuche lange, viel zu lange zurück (Dezember 2007). Dennoch sollen die Eindrücke von dort nicht zurückgehalten werden, denn sie waren durchweg positiv. Das gilt auch für die Preisgestaltung. Natürlich geht man mit einer sehr hohen Rechnung nach Hause oder ins Hotel Traube Tonbach gleich gegenüber. Angesichts der überragenden Produktqualität und des wahnsinnigen Aufwandes erscheinen die Preise aber vergleichsweise günstig. Ich wage die Vermutung einer Quersubventionierung durch das Hotel.

Die Schwarzwaldstube - solide, deutsch und rustikal vom Ambiente her, also nicht einmal im Ansatz französisch. Es sitzt sich bequem an jedem der 12 Tische, die Servicemannschaft ist einsame Spitze und wurde schon mehrfach ausgezeichnet - zu recht.

Er agiert souverän, perfekt, freundlich, unservil, mit angemessenem Stolz auf die eigene Leistung. Ich war ja neugierig, wie der Restaurantleiter reagieren würde, als ich ihm mein Malheur schilderte: Eine Fruchtfliege hatte sich im Glas voll edlem Roten entleibt. Ein schöner Tod. Mit geübtem Griff entnahm Ansgar Fischer seinem Sakko eine spezielle Pinzette und erwischte das Untier auf Anhieb!
Überhaupt, der Wein. Sommelier Stephane Gass schafft es auf Anhieb, den jeweiligen Gast richtig einzuschätzen und ihm den für ihn richtigen Wein zu empfehlen. Er hat auch gute und günstige Tropfen im Keller. Mich hat er beispielsweise sofort als Typ 'extrem knauseriger Schriftsteller' eingestuft und mir folgerichtig einen badischen Weißburgunder nahegelegt. Der war köstlich und - kostete 22,- Euro pro Flasche.


Beim ersten Besuch in Deutschlands bestem Restaurant fühlt man sich etwas beklommen und ist in Versuchung, andächtig zu schweigen. Die Mitarbeiter schätzen jedoch keine Kirchenatmosphäre und lockern die Stimmung schnell auf, so dass doch schnell eine Art entspanntes Wohnzimmerfeeling aufkommen kann.

So sah ein Gruß aus der Küche aus, Viererlei vom Aal, ganz köstlich:


 

Croustillants von Langustinen auf Kürbiscoulis, mit Ingwer aromatisiert:

Variation vom heimischen Wildhasen:

Was soll man zur Kochkunst sagen? Die Jakobsmuscheln in Chabis sind die besten der Welt. Einfach perfekt, allerhöchstes Niveau, mehr geht nicht. Das kann rein von der Menge her ein Problem sein. Denn selbst, wer nach dem Frühstück konsequent fastet, schafft um 20:00 Uhr kaum das 7-Gänge-Menü. Ich selbst bin drei Male daran gescheitert, wollte schließlich auch keine der lockenden Delikatessen auslassen. Krönung für diese Küche ist ja, dass sie selbst solche Gäste noch zum Naschen verführt, die wirklich völlig satt und am Ende sind. Der Käsewagen mit einer Riesenauswahl feinster Sorten:

... und ein kleines Lebkuchensouffle plus Pralinchen (ging nur noch mit Schnaps):

  

Beispiel für ein komplettes Menü:

 

Ein Blick in die Küche, inklusive Schöpflöffel des Harald Wohlfahrt:

  

Der Meister ist nicht böse, wenn er um Signatur seines Buchs gebeten wird:

 

Wer das Beste will, kommt an der Schwarzwaldstube nicht vorbei. Als Laie sollte aber wirklich niemand versuchen, dem Herrn Wohlfahrt mal eben nachzueifern. Wer es dennoch versuchen möchte, findet in seinen Kochbüchern Hilfestellung. Aber er wird scheitern.

 

          

 

Der Genusspapst schickte im Juli 2015 einen kleinen Eindruck vom aktuellen Menü:

Sankt-Petersfisch im dünnen Lauchmantel mit wilden Garnelen, Thaispargelspitzen und Pfifferlingen an leichter Kokosnage

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Die Ära Wohlfahrt ist nun seit einiger Zeit vorbei im Tonbachtal. Dennoch - und trotz eindringlicher Warnungen des Genussgenies - hat es sich der Genusspapst nicht nehmen lassen, die Traube im Oktober 2018 zu besuchen. Hier sein kurzer Eindruck mit ein paar Bildern:

Phantastischer Lunch heute in der legendären Schwarzwaldstube. Auch nach dem Ausscheiden des großen Harald Wohlfahrt immer noch 3 Sterne, in jeder Hinsicht. Großes kulinarisches Kino!
Essen, Service und Ambiente nach wie vor absolut großartig. Ohne den viel zu lauten Wichtigtuer am Nebentisch wäre es perfekt gewesen. Leute gibt's ... Aber die fallen natürlich nicht in die Verantwortung des Restaurants und schmälern die Bewertung nicht.

Kleines Degustationsmenü (180 €):

1. Gruß aus der Küche: Hummercroustillant, Kalbstatar und Pulpo

 

2. Gruß aus der Küche: Schottischer Wildlachs auf Limonen-Creme fraiche mit Guacamole, Rettich und Kaviar

Gebratene Medaillons vom heimischen Reh mit milder Pfefferkruste, Navetten und Palmherzcoulis, Rehjus mit Bourbon Pointu aromatisiert

 

Gefülltes Seezungenfilet mit glasiertem Gamba Carabinero, grünen Spargelspitzen und Krustentiersud, mit Corail gebunden

 

Gebeizter Thunfisch "Kishu" mit Enten- und Stabmuscheln, Miso und jungen Algen, eingelegtem Ingwer und Wasabischaum

 

Nachtisch: Coulant von Tainori-Schokolade mit marinierter Birne und Vanillekaramellsauce, Kakaocrumble mit Borbonese Pfeffer und Pekannuss-Krokant, Sauerrahmeis

 

Käse vom Wagen

 

Schoki zum Kaffee

 

 

 

Kochkurse in der Traube Tonbach

 

Wer gegenüber der Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach residiert, tut gut daran, einen der kleinen Kochkurse zu besuchen, die in unrelelmäßigen speziell für Gäste angeboten werden. Manchmal sind diese Kurse kostenlos, gelegentlich wird ein kleiner Kostenbeitrag verlangt. Sie dauern eine bis zwei Stunden.

Hier ein paar Eindrücke vom interessanten Kurs 'Flambieren':

 

Geschmacklich soll das Flambieren nicht so enorm viel bringen, ist aber natürlich immer ein Hingucker. Ein bekannter Koch soll geäußert haben, er führe derlei nur vor, um einen auf dicke Eier zu machen und Mädels zu beeindrucken. Die Kursleiterin sah das ähnlich - ich kann sagen, dass es (also, das Flambieren) viel Spaß macht, himmlisch duftet und hervorragend mundet!

Lohnenswert auch ein Teekurs, der vom dortigen 'Teamaster' ab und zu angeboten wird:

 

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Seit einiger Zeit gibt es auch einen Online-Shop - und der ist erwartungsgemäß nichts für Sparfüchse. Sehr empfehlenswert ist beispielsweise die Essenz von Strauchtomaten im Glas, es wurde ein Tomatenrisotto daraus:

Ebenfalls nicht zu verachten sind die Kalbsbacke und das Kräutersalz:

Leider ist der Onlineshop in den letzten Jahren sehr geschrumpft -  es gibt nur noch Tee und Gewürze.

 

Das Restaurant 'Schwarzwaldstube' ist geschlossen, da in der Nacht zum 5.1.2020 niedergebrannt.

Hotel Traube Tonbach
Tonbachstraße 237
D-72270 Baiersbronn
Telefon: +49 (0) 7442-492 0
info@traube-tonbach.de

 

 

 
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