Ti Breizh
Ich weiß nicht, wie lange es dieses bretonische Restaurant in der
Deichstraße gibt und wie oft ich vorhatte, es einmal aufzusuchen.
Vermutlich hätte ich es bereits vor 20 Jahren tun sollen, dann wäre
diese Kritik höchstwahrscheinlich positiver ausgefallen. Vielleicht aber
auch nicht.
Das Ti Breizh wirbt damit, die einzige bretonische Creperie in Hamburg
zu sein und das ist sie vermutlich auch. Das meist überfüllte Lokal, man
sollte unbedingt vorbestellen, ist hell gehalten und verfügt über einen
großen Raum zum Fleet hinaus, über den sich noch eine wuchtige Empore
mit etlichen Sitzplätzen erhebt. Die Stimmung ist locker, die Kellner,
allesamt in blau-weiß-gestreiften T-Shirts, sind französischer Herkunft,
bedienen zügig und effektiv, dabei ein wenig kühl, aber man will ja
schließlich dort nur essen und keinen Mann fürs Leben finden. Im Laufe
des Abends schwoll der Lärmpegel in diesem Lokal an, als sei man bei
einer Demo auf dem Hauptbahnhof, das ebbte aber auch wieder ab,
vermutlich immer dann, wenn die Besucher ihre Galettes serviert bekamen.
Die in die Jahre gekommene Einrichtung soll das Flair einer einfachen
bretonischen Kneipe verströmen, man sitzt höchst beengt und schlicht an
nackten Tischen, das Geschirr war teils angestoßen und das Besteck
wirkte, als sei es aus gestanztem Blech hergestellt. Das alles führt
nicht unbedingt dazu, dass man sich wie in einem Gourmettempel fühlt und
trotzdem vermittelten ein paar Besucher den untrüglichen Eindruck, dass
sie bereits Stammgäste sind. Darunter auch erstaunlich viele Franzosen.
Als Getränk bestellten wir eine Flasche Birnen-Cidre aus dem Val de
Rance (3,5%), den man im Ti Breizh aus besonders geformten Tassen trinkt
(0,75l für 11,80 Euro). Der Cidre roch leicht nach Birne und schmeckte
auch danach und war keine schlechte Wahl, obgleich die ersten Schlucke
recht säuerlich über die Zunge liefen. Er passte jedoch hervorragend zu
allen Speisen:
Als Vorspeise wählten wir eine sehr gut schmeckende Paté de champagne
vom Schwein, die in Streifen aufgeschnitten neben Salat mit Senfdressing
und winzigen Cornichons und Baquette auf den Tisch kam. Ein gelungener
Auftakt.
Angenehm fand ich, dass das Speisenangebot im Ti Breizh, neben ein paar
Vorspeisen und Salaten, sein ausschließliches Augenmerk auf Galettes und
Crepes richtet. Galettes sind aus reinem Buchweizenmehl hergestellte
Crepes:
Für diejenigen, die gerne glutenfrei essen: Buchweizenmehl
enthält keine Gluten. Meist enthalten die Galettes mittig etwas Käse,
der mit einer darauf liegenden Scheibe Kochschinken verschmilzt. Der
Gast wählt dann das, was noch dazu kommen soll, wobei diese Zutaten
jeweils auf der fertig gebackenen Galette zu liegen kommen. Der große
runde Galettefladen wird auf braunen glasierten Tellern serviert, zuvor
werden die runden Seiten so umgeschlagen, dass am Ende ein viereckiger
Crepe entsteht, jeweils dekoriert mit den weiteren Zutaten.
Ich bestellte eine Galette "L'appétit", die mit Kochschinken, Spiegelei,
Käse, Spinat, geschmorten Zwiebeln und Sahne-Champignons belegt war
(9,10 Euro), mein Begleiter erhielt eine Galette "L'Andouille", die mit
Käse, bretonischer Kuttelwurst, Zwiebelkonfitüre, Salat und Senfsauce
belegt war (9,80 Euro). Gelobt wurde die raffinierte Idee, zwischen Käse
und Wurst Senf zu streichen und man war zufrieden mit seiner Wahl. Ich
fand mich eher im Lager der Enttäuschten, hatte ich mir doch mehr
bretonischen Zungenzauber erhofft. Meine Galette schmeckte eben wie ein
Teigfladen mit Käse und Kochschinken überbacken. Darauf war ein Ei
gesetzt und mitgebraten worden und drumherum dekorierten drei Haufen je
aus Spinat, Sahnechampignons und Zwiebeln das Ensemble, welches in einem
fast erkalteten Zustand an den Tisch kam:
Da eine Galette nicht so reichhaltig ist, dass man davon vollends satt
wird, bestellten wir noch zum Abschluss eine Crepe, also dieses Mal als
Dessert nicht Buchweizen-, sondern Weizenmehl als Grundlage. Die sog.
XXL-Crepe (7,60 Euro) war an den Rändern deutlich zu trocken geraten,
dafür mit wohlschmeckendem würzigen Bratapfel, frischen zwischen den
Teiglingen liegenden Bananenscheiben und einer perfekt geschmacklich
abgestimmten Vanilleeiskugel garniert. Die leider totgerösteten
Mandelsplitter waren ohne Geschmack.
Weil auf der Getränkekarte zufällig entdeckt, probierten wir zum Schluss
noch einen bretonischen Single Malt Whisky namens Armorik ( 2 cl für
3,80 Euro), der sein Geld wert war und zu der Diskussion führte, ob man
nun normannischen Calvados erschmecken würde oder eher eine bretonische
Meeresbrise.
Obgleich der Abend durchaus Inselchen des erstaunlich guten Geschmacks
bot, bin ich mir sicher, dass die bretonische Küche deutliche Klassen
besser sein könnte und das in Bezug auf ihre Zutaten und ihre
geschmacklichen Feinheiten.
Genussanwältin
Ti Breizh
Deichstraße 39
20459 Hamburg
Tel. 040 37517815