Vlet an der Alster (geschlossen!)
35 Jahre lang residierte hier, im Souterrain
unter den feinen Alsterarkaden, mit tollem Blick auf den Fleet, der
"Friesenkeller" mit seinem vor allem bei Touristen beliebten "Labskaus
satt".
Nach der langen Renovierung wirken die Räumlichkeiten nun viel
freundlicher.
Es herrscht trotz der sicher praktischen
Kantinentische eine Art Kaffeehaus-Atmosphäre -
Kuchen gibt's auch. Wir allerdings versuchten im August 2017 dieses
Schlemmersommer-Menü für 32,- Euro pro Person:
• Gebratene Römersalatherzen / Schnittlauch-Eimarinade, gebeizte
Makrele und Laugenbrot
• „Überraschungsgang “ (weiße Tomatensuppe)
• Rosa gebratene Lammnüsschen / Sanddornsoße, Schnittlauchstampf und
lauwarmer Radieschen-Pfifferlingssalat
• Himbeersorbet und getrockneter Schokoladenbiskuit
Was sich für einen Gourmet recht ansprechend liest, überzeugte
allerdings auf dem Teller kaum - abgesehen von den wirklich aromatischen
Brötchen, die wohl hausgebacken sind. Schwere Qualität, sehr lecker.
Die angepriesenen 'Römersalatherzen' erwiesen sich als jeweils genau
ein halbierter, leicht angebratener Salat in einer geschmacksarmen
Schnittlauch-Eimarinade plus trockenen Brotstücken. Der winzige,
gebeizte Makrelenschnitz dazu schmeckte derart penetrant nach Fisch, wie
er es besser nicht sollte; er ist uns aber bekommen:
Der Überraschungsgang entpuppte sich als eine leicht gebundene und
erfreulich würzige, weiße Tomatensuppe und sollte als Gaumenschmeichler
das einsame Highlight des Menüs bleiben:
Auf den ersten Blick machten die rosa
Lammnüsschen auf Grün wirklich etwas her, allein die Fleischqualität
konnte kaum überzeugen: Zu sehnig. Die Unterlage, der grüne
Schnittlauchstampf ließ leider weder Kartoffeln noch entferntes
Schnittlaucharoma erahnen. Dieser geschmacksfreien Pampe vermochte
allein der originelle und reichliche Einsatz von Sanddorn eine Spur säuerliches Leben
einzuhauchen:
Der Nachtisch versöhnte ein wenig mit schmelzigem Mousse au Chocolate
und erfrischendem Himbeersorbet, auch wenn es sich nur um Ersatz für das
eigentlich angekündigte, aber nicht lieferbare Waldmeistersorbet
handelte:
Die Getränkepreise hielten sich im Rahmen, ein Liter Tafelwasser kostete
6,- Euro, eine Flasche vom ordentlichen Grauburgunder aus der Pfalz
(Gaul) 28,- Euro. Die Bestellung einer weiteren Weinflasche wie auch das
Nachschenken warfen allerdings Probleme auf. Unsere nach langem Warten
geäußerte Bitte, angesichts der oft leeren Gläser einfach die
Weinflasche auf unserem Tisch zu lassen, wurde abschlägig beschieden:
"Darum kümmere ich mich jetzt selbst!", hieß es kernig und mit
selbstbewusstem Lächeln. Das geschah jedoch nicht, so dass wir
schließlich wieder zur Selbsthilfe griffen.
Wenn man in bestechender Lage (auch draußen mit Blick auf das Rathaus)
ein Gläschen trinken möchte oder Lust hat auf ein Tellergericht wie
'Hamburger Pannfisch', könnte der Besuch im Vlet eine Erwägung wert sein
- es ist sicher kein Laden, dessen Geschäftsmodell im Touristen-Abzocken
besteht. Feine oder gar hochklassige Küche sollte man aber auf keinen
Fall erwarten; wir gewannen den Eindruck von Personalknappheit. Die
Internetseite weist zur Zeit tatsächlich vier freie Stellen aus.
VLET AN DER ALSTER
(geschlossen ab 31.1.2024)
Jungfernstieg 7
20354 Hamburg