Williamine
Die Williamine liegt verkehrsgünstig, dicht am U-Bahnhof Schlump. Es
handelt sich um ein kleines, sogar sehr kleines Restaurant mit rund fünf
Tischen. Dunkelrote Tapeten, viele Fotos berühmter und weniger berühmter
Besucher an den Wänden. Man fühlt sich ein paar Jahrzehnte
zurückversetzt, man wird nett umsorgt vom wortreichen und freundlichen
Patron, man fühlt sich wohl. Die Hintergrundmusik ist originell
zusammengestellt, auf eine Serie Frank Sinatra folgt Bob Marley.
Es ist üblich, ein Menü zu wählen, wobei dann nur noch die Fragen nach
Fisch oder Fleisch, nach Allergien und Unverträglichkeiten gestellt
werden. Die Küche ist klein, die Wartezeit kurz. Der Creamsherry (4,-)
vorweg kam sehr kalt, das Bier war wärmer. Als Rotwein wurde ein
spanischer 2010er aus Ribera del Duero kredenzt, ein kräftig-samtiger
Tropfen (8,- / 0,2l ).
Der Williamine-Klassiker ist eine Rote-Bete-Vorsuppe. Sehr aromatisch
und vollmundig, wenngleich die Rote Bete geschmacklich nicht im
Vordergrund steht, sondern in erster Linie die Farbe abgibt. Ansonsten
dürfte es sich um aufgeschäumten Fond mit Sahne handeln und man knubbert
auf erfreulich zarten Rinderfiletspitzen herum.
Es folgte Vitello Tonnato. Nicht sehr ansehnlich, dafür von wirklich
überragender Fleischqualität: Saftig, kräftig, zart. Leider deutlich zu
kalt serviert, was die Freude etwas minderte, ebenso wie die eine Spur
zu säuerliche Thunfischsauce. Die Genusssklavin allerdings, diese
Ignorantin, fand den Säuregrad genau richtig.
Das Auge isst mit - eine nicht eben neue Erkenntnis, aber in der
Williamine wohl noch nicht angekommen. Die Gerichte werden so auf die
Teller drapiert, wie es auch Tante Hildegard anno 1967 getan hätte, ohne
Pep, ohne Tamtam, auf kleinen Tellern. Das mag zum Konzept gehören, um
den Gast zu überraschen - die Qualität der Speisen ist nämlich
hervorragend. Das Filet vom Seeteufel kam auf den Punkt gegart und heiß
aus der Küche, umgeben von einem Hummerschaum, der sich mehr als sehr
eine sahnige Sauce entpuppte. Dazu eine eigenwillige, aber bemerkenswert
gelungene Variation von der Steckrübe - leicht süß mit ordentlich Chilli.
Die Rinderroulade vom Angus mit Steinpilzen kann nicht anders als
grandios bezeichnet werden, bestes Fleisch in perfekter Zubereitung und
Würzung! Dazu zweierlei Sahnesaucen, beide sehr lecker, aber sicher
nichts für überzeugte Magermilchfreunde. Getrüffeltes, sehr feines
Kartoffelmus machte sich gut als Beilage, da wurde beim Trüffelöl nicht
gespart.
Palatschinken mit beschwipsten Pflaumen als Nachtisch hört sich nicht
umwerfend an und war es auch nicht. Saftiger, durchaus wohlschmeckender
Pfannkuchen, der mit einem süßen Pflaumenpürree gefüllt war - vom
Schwips war nichts zu bemerken. Der hätte als Gegengewicht zum Zucker
aber gut getan.
Ein Besuch in der Williamine, beim "beim NDR-Kommissar und Koch Arthur
Richelmann" lohnt sich, ist aber kein billiges Vergnügen. Vier Gänge
sollten lt. Groupon-Gutschein 43,- Euro wert sein (normalerweise werden
für drei Gänge 24,- Euro und für vier Gänge 31,- Euro fällig), insgesamt muss man für zwei Personen inkl.
Getränke (Wein, Wasser, Bier, Kaffee) mit gut 120,- Euro rechnen. Dafür
hat der Wirt den Gästen am Ende auch noch eine lustige Geschichte
erzählt.
Restaurant Williamine
Kleiner Schäferkamp 16
20537 Hamburg
Tel.: 040 / 44 44 97