Doc Cheng's im Hotel Vier Jahreszeiten (geschlossen)

 

 

Die Geschichte der darkrooms muss völlig neu geschrieben werden. Zwar liegt das Doc Cheng's direkt an der Alster, jedoch absolut fensterlos im Souterrain. Die Beleuchtung ist extrem spartanisch ausgefallen, so dass es gelegentlich Probleme mit Treppenstufen und dem Entziffern der Speisekarten gibt. Aus den Lautsprechern klingt ununterbrochen ein verhaltenes Techno-Stakkato - man wähnt sich in einer Mischung aus Bistro und angesagter Bar.

 

Als Gruß aus der Küche wurde vom kopfzahlstarken und umtriebigen Service eine Nocke aus Tomaten-Basilikum-Moussee mit etwas Balsamico serviert, ein fein-aromatisches und sehr leichtes Vergnügen. Dazu passte der Jahrgangssekt des Hauses, wenngleich der Preis von 9,- Euro für 0,1 Liter den Spaß etwas trübte - wie auch 10,50 Euro für eine Flasche San Pellegrino eindeutig die obere Grenze des Erträglichen darstellt.

Ingwerbrot, Naanbrot und Dips auf heißen Steinen / Tomaten-Basilikum-Moussee


Eine Überraschung der scharfen Art bot das Vorspeisentellerchen 'Togarashi-Thunfisch mit Gin und Tonic'. Togarishi ist eine Sieben-Gewürz-Mischung, meist aus Chili, Mandarinenschale, Mohnsamen, Hanfsamen, Yuzuschale, Ingwer und Nori zubereitet. Die beiden Fischteile wiesen mithin knallige Aromafülle und brennende Schärfe auf, die erst durch das Stückchen Gin-Eis gelöscht werden konnte - sehr gelungen.


Es folgte eine erfreulich schaumig-cremige Tom Kha Ghai, eine thailändische Kokos-Huhn-Suppe, in der jedoch kein Hühnerfleisch schwamm, sondern feinste Gemüsestreifen. Diese Art Suppen erschlagen den Esser oftmals mit zu vordergründigem Kraftaroma, hier aber herrschten angenehme Zurückhaltung und Leichtigkeit vor. Gut dazu machte sich der sanfte Weissburgunder ('Oberbergener Baßgeige'), wenn auch die Frage offenbleibt, ob eine Flasche, die im Laden um die 7,- Euro kostet, wirklich für gastunfreundliche 42,- Euro angeboten werden sollte.


Das unscheinbare Doradenfilet unter einer Paprika-Chorizokruste mit Spargelsalat und vietnamesischem Koriander stand heiß und dampfend auf dem Tisch. Nach den ersten Bissen wurde es andächtig still. Die geniale Mischung aus mildem, auf den Punkt gegartem Fisch und kräftig angebratener, salziger Chorizo verschlug schlicht die Sprache. Ein mengenmäßig kleiner, genussmäßig ganz großer Gang, an dieser Stelle donnernder Applaus für die Küche!


Maispoularden finden sich auf Speisekarten, weil sie preisgünstig sind und weil ein Koch sie oft auch dann hinbekommt, wenn er keinen besonders guten Tag hat; meistens geraten sie aber doch zu trocken und langweilig.
Diese mit Paprikastückchen und Zuckerschoten gefüllte Maispoularde mit Rucola-Emulsion und wunderbar cremiger Polenta bewies, dass es auch ganz anders geht: Hohe Produktqualität und perfekte Zubereitung bescherten dem verwöhnten Gaumen ein ausgesprochen saftiges, vollmundiges Vergnügen. Einzig die Polenta tendierte in Richtung 'flüssiger Griessbrei', was ihr aber geschmacklich keinen Abbruch tat, im Gegenteil.


Der Nachtisch, Granité und Mousse von Rhabarber, wirkte auf den ersten Blick im schummrigen Licht wie stückige Pampe im Glas und reizte daher nicht sofort zum Probieren. Verzicht wäre aber ein Fehler gewesen, denn die mit Brownie-Stücken durchsetzte, gut abgestimmte und keinesfalls zu saure Creme überzeugte auf ganzer Linie, das Glas hätte gern eine Nummer größer ausfallen dürfen.


59,- Euro kostete dieses durchweg hochklassige Menü für zwei Personen - ein Schnäppchen! Zusammen mit den Getränken verlor sich der Schnäppchencharakter allerdings, die Gesamtrechnung belief sich auf 127,- Euro.

 

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Der Schlemmersommer 2012 im Restaurant Doc Cheng’s sah so aus:

Sashimi vom Rind auf Tomatengranitee:


Raviolo von Gambas, Bärlauch und Sauce Bourride:


Zweierlei von der Ente, lackierte Brust und konfierte Keule, Spinat und Paprika:


Mille feuille mit karamellisierten Bananen Limettencreme und Schokoladen-Chilisorbet:



Für hungrige Waldarbeiter wäre dieses Menü ( 59,- Euro für 2 Personen) sicher nichts gewesen, denn zu den winzigen Portionen gab es weder Reis noch Nudeln. Aber auch Normalesser müssen zwecks Sättigung aufs leckere Brot zurückgreifen, wobei eine Nachbestellung nicht in jedem Fall kostenfrei ist.


Dafür wurde auf gewohntem Niveau gekocht und der Service zeigte sich voll auf der Höhe. Wir haben uns nach der Weinempfehlung gerichtet ( 4x 0,1l = 21,- Euro), was sich als gute Idee herausstellen sollte, insbesondere mit Blick auf die Getränkepreise allgemein (Flasche Mineralwasser 'Magnus' = 9,- Euro, dafür bekommt man im Supermarkt zwei Kisten davon, Tasse Espresso macchiato = 4,50 Euro).
Insgesamt wird ein gutes Menü geboten, das allerdings bei Weitem nicht die Qualität des Vorjahres erreichte. Originell die Tomateneisstücke zum Sashimi, hervorragend und voller Kraft die Sauce zum Ravioli, aber bemerkenswert fest die Entenbrust. Der Koch sollte vielleicht gelegentlich im Landhaus Scherrer nachfragen, wie man zu einer zarten Entenbrust kommt. Als Entschädigung lag eine Entenkeule in ungewohnter Form auf dem Teller, nämlich als Moussee in Nockenform - mal etwas Anderes! Ganz groß trumpfte die Unterlage auf, hoch aromatischer und auf den knackigen Punkt gegrillter (?) Spinat.
Der Nachtisch kam erfreulich leicht daher, aber der Gast stellt sich schon die Frage, ob es die Küche wirklich arm gemacht hätte, wenn eine halbe Banane mehr Verwendung gefunden hätte. Es drängt sich der unschöne Eindruck auf, dass auf Teufel komm raus versucht wird, neben dem sehr karg gehaltenen Menü ordentlich Extra-Einnahmen zu generieren.



Doc Cheng's (geschlossen, künftig gibt es hier japanisch-südamerikanische Küche)
Neuer Jungfernstieg 9 - 14
20354 Hamburg
 

 
 
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