Jadalnia (geschlossen seit 2021)
Jadalnia ist Polnisch und heißt Esszimmer.
Wenn man das polnische Lokal betritt, erwartet einen eine Mischung
zwischen Wohn- und Esszimmer und sorgt mitsamt der umsichtigen und
versierten Wirtin dafür, dass man sich wohl fühlen muss. Ich vermute,
der Zusatz "hausgemachte slawische Spezialitäten" ist aus lauter Furcht
davor gewählt worden, dass der deutsche Gast meinen könnte, polnische
Küche munde nicht. Dabei erlebt man, lässt man sich auf die
bodenständigen Gerichte des Jadalnia ein, eine kleine kulinarische und
obendrein authentische Polenreise.
Das fängt mit der Suppe namens Zurek an, die
auf Polnisch Schurek ausgesprochen wird. Eine Suppe, die es tatsächlich
nur in Polen und vielleicht noch weiter östlich so gibt. Sie schreckt
durch eine völlig unattraktive Farbe und die deutsche Bezeichnung
Sauermehlsuppe, von der man sich allerdings nicht täuschen lassen
sollte. Denn gereicht mit wunderbar vielen Wurststückchen einer weißen
Wurst (nicht zu verwechseln mit der bayerischen Weißwurst), gekochten
Kartoffelstücken und traditionell mit einem halben hartgekochten Ei, ist
der feinsäuerliche Geschmack nicht beschreibbar. Unbedingt probieren!
Entweder man ist danach für den Rest des Lebens ein Zurek-Fan und legt
sich in jede Zurek hinein oder ihr entschiedener Gegner. Die dafür
angesetzten 4,50 Euro sind auf jeden Fall gut angelegt, um den
Suppenhorizont zu erweitern:
Ebenfalls ein sehr typischer Salat und überhaupt nicht weit von unserer
deutschen Küche entfernt ist Mizeria, der in saurer Sahne dargereichte
Gurkenscheibensalat. Frisch zubereitet, so wie das Jadalnia ihn
anbietet, kann man in puncto Schmackhaftigkeit nichts für 1,90 Euro
verkehrt machen.
Schwieriger wird es schon bei den Getränken, wobei ich zum Bereich der
angebotenen polnischen Biere infolge Inkompetenz nichts beitragen kann.
Dafür aber ein wenig zu den Fruchtsäften. Es finden sich auf der Karte
so ungewöhnliche Saftsorten wie Apfel-Minze, Himbeere-Minze,
Apfel-Birne, Apfel-Wassermelone, Apfel-Sauerkirsche oder Preiselbeere
und Kaktus. Leider wird auch in Polen das rein Hausgemachte durch das
industriell Hergestellte mittlerweile ersetzt, so dass doch manch einer
dieser neuen Geschmacksrichtungen etwas künstlich wirkt. Aber man kann
wohl nicht erwarten, dass die Wirtin mit ihrer Familie selbst die
Kirschen, Himbeeren und Äpfel entsaftet und konserviert in Flaschen
abfüllt. Es lohnt aber das Probieren der Säfte, die auch preislich
überschaubar mit 0,3 l für 1,90 Euro sind.
Bei den Hauptgerichten setzt sich besonders dasjenige als sehr
schmackhaft durch, was sich im Nudelteig befindet. Piroggi, mal gefüllt
mit Sauerkraut, mal mit Fleisch, mal mit Quark sind ein Klassiker in
ganz Polen. Und genau diese Teigtaschen aus leichtem Nudelteig, mitsamt
ihrer würzigen Füllung, waren mit Abstand das Beste im Jadalnia. Die
Portion jeweils für 5,50 Euro.
Natürlich gibt es ein weiteres klassisches polnisches Gericht im
Jadalnia, nämlich Bigos, ein Eintopf, bestehend aus Weißkohl und
Sauerkraut, würziger geräucherter Wurst, geräuchertem Schweinefleisch,
getrockeneten Pilzen für 5,90 Euro. Ich habe mir sagen lassen, dass jede
Hausfrau in Polen ihr eigenes Rezept dafür verwendet, so etwa wie hier
in Deutschland fast jeder den Teig für die Frikadellen etwas anders
zusammensetzt. Bigos wird, so ebenfalls ein Insiderhinweis, immer
besser, je länger man es kocht, was unweigerlich dazu führt, dass sich
immer mehr einzelne Zutaten des Gerichts in Brei zerlegen und nicht mehr
optisch erkannt werden können. Dem Geschmack mag das keinen Abbruch tun,
jedoch sind Eintopfgerichte vielleicht gerade wegen ihrer manchmal
spannenden Undefinierbarkeit nicht jedermanns Sache.
Im Vergleich mit meinen
Geschmackserinnerungen an mein erstes Bigosgericht würde ich demjenigen
im Jadalnia nicht die Note sehr gut geben, sondern allenfalls ein
Zufriedenstellend. Vielleicht ist man aber auch für alle Zeiten
geschmacklich vorgeprägt, sobald man sein erstes Bigos probiert hat? Und
vielleicht fällt auch im Jadalnia das Bigos stets unterschiedlich aus?
Das bleibt noch von uns zu testen.
Bei den beiden anderen Gerichten, dem Schweinebraten mit Pflaumensauce
und schlesischen Klößen (8,90 Euro) und dem Schweinefilet mit Senf
Champignonsauce ( 9,50 Euro) fand sich genau das wieder, was ich in
Polen öfter antraf: Die Soßen schmeckten hervorragend gehaltvoll und
würzig, das war solide bodenständige Küche, aber das Schweinefleisch war
zu trocken geraten.
Insgesamt bietet das Jadalnia teils gute bis sehr gute - schlichte -
authentische Küche mit ein paar Mängeln, jedoch angenehmer Bedienung und
sehr fair kalkulierten Preisen.
Wir werden sicherlich wieder kommen.
Genussanwältin
Jadalnia
Berner Allee 24
22159 Hamburg
geschlossen