petit bonheur
Ergün Uysal. Der Gaumen erwartet bei diesem
Namen 'einmal Döner mit alles'. Aber spätestens, seit einst Ali
Güngörmüş das Le Canard Nouveau
an der noblen Elbchaussee übernahm, weiß man in Hamburg, dass Türken
auch jenseits vom Drehspieß kulinarisch zu überzeugen wissen.
Nachdem wir ein paar Empfehlungen für dieses etwas abseits gelegene
Restaurant bekommen hatten, war es Zeit für einen Versuch - und dafür
bot sich im April 2018 ein günstiger Groupon-Gutschein an.
Im Lokal selbst wurden wir von einer sehr freundlichen Mannschaft
empfangen, die uns den ganzen Abend über nett umsorgte. Zum großen Teil
schien es sich um Auszubildende zu handeln.
Im Inneren fühlt man sich in eine Pariser
Brasserie versetzt, die dunkelrot gehaltenen Wände werden von
Kunstwerken geschmückt, im Hintergrund singt Jacques Brel seine großen
Chansons - wirklich typisch französisch.
Wir entschieden uns für eine Flasche Roten aus dem Languedoc / Faugères,
einer Mischung aus Grenache und Syrah (2014). Der kam zwar
vergleichsweise leicht daher, brachte aber die Süffigkeit eines
Spätburgunders mit und ging ziemlich in den Kopf. Auf Syrah hätte ich
niemals getippt, 49,- € waren dafür noch in Ordnung.
Das Menü (ca. 68,- für zwei Personen):
1. Gang: Garnelen-Spinat-Törtchen mit Madagaskar-Vanille
aromatisiert, Feldsalat, Speck Brunoise und Himbeer-Vinaigrette
2. Gang: Karotten-Ingwer-Suppe mit Zitronengrasschaum
3. Gang: Granatapfel-Sorbet
4. Gang: Geschmorte Ochsenbacke mit gegrilltem Gemüse und
Kartoffelgratin
5. Gang: Crème brûlée
Es ging los mit hausgemachtem, warmem Brioche plus gekräuterter
Wildschweinwurst - köstlich!
Die eigentliche Vorspeise konnte dann mit
einem bemerkenswert lockeren und saftigen Spinat-Törtchen punkten, das
allerdings jegliche Ahnung von Garnelen schmerzlich vermissen ließ.
Vanille? Der Salat unter dem Speckstreifen kam knackig und sehr frisch
daher, leider vollkommen trocken und ungewürzt, da half auch ein wenig
Himbeer-Vinaigrette kaum:
Dafür fiel die Karotten-Ingwer-Suppe mit Zitronengrasschaum rundum
überzeugend aus: Sehr leicht, hoch aromatisch und etwas aufgeschäumt -
so soll ein Süppchen sein:
Das folgende Granatapfel-Sorbet sah nach wenig aus, schmeckte aber nach
viel. Eine kleine Kugel mit erfrischendem Granatapfelaroma und feiner
Konsistenz:
Beinahe ohne Tadel auch die extrem zarte, geschmorte Ochsenbacke, bei
der man fast den Eindruck von Fleischkonzentrat auf der Zunge zu spüren
meinte. Einzig das Knoblaucharoma machte sich eine Spur zu breit.
Kartoffelgratin kann die französische Küche einfach, gegrilltes Gemüse
ebenfalls, beides lag in traumhafter Qualität auf dem Teller - und Mitte
April ist es alles andere als leicht, vernünftige Kartoffeln zu
bekommen:
Der Nachtisch, eine üppige Portion klassischer, auf den Punkt
zubereiteter Crème brûlée bot keinerlei Anlass zu Klagen, sehr gschmeidig-vannillig-wohltemperiert das Ganze:
68,- Euro für dieses Menü sind angemessen bis günstig, die angeblich
regulär dafür geforderten 184 € jedoch überzogen, nicht von
dieser Welt: Im petit bonheur wird zwar auf hohem Niveau fein gekocht
und serviert, aber auch die verdienten 13 Punkte im Gault Millau sind
eben noch kein Michelinstern.
Immerhin gibt es wochentags ein günstiges Lunchmenü für 18,- Euro, bei
dem zwischen Fleisch, Fisch und Gemüse gewählt werden kann.
Parkplätze sind Mangelware.
petit bonheur
Hütten 85 - 86
20355 Hamburg
Telefon: 040 - 33 44 15 26